Wiener Schnitzel im Fiaker

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Raimund Novotny und Marco Pollandt bieten Fiakerfahrten mit Drei-Gänge-Menü an. Gegessen wird während der Fahrt.

An Selbstvertrauen mangelt es ihnen nicht. Mit flottem Schritt und festem Händedruck treten sie auf. Im Anzug und mit dem Stecktuch. Der eine trägt eine große goldene Uhr auf dem linken Armgelenk. Nur das Muschelarmband auf dem anderen lässt darauf schließen, dass Raimund Novotny privat einen legeren Stil pflegt. Auch bei Marco Pollandt ist der bis zur Schulter tätowierte Arm gut unter dem Hemd versteckt. Gerade einmal 25 und 22 Jahre alt sind die beiden jungen Herren, die da zielsicher auf die Fiaker am Michaelerplatz in Wien zugehen.

Aber selbstbewusstes Auftreten haben sie auch in ihrem bisherigen Berufsleben gelernt. Vier Jahre war Raimund Novotny in Luxushotels in der Schweiz und in Spanien tätig, bevor er als Restaurantleiter ins Park Hyatt und später zu Silvio Nickol ins Palais Coburg wechselte. Im Park Hyatt lernte er auch den 22-jährigen Marco Pollandt kennen, der dort als Junior Sommelier beschäftigt war. „Der Anzug macht schon einen Unterschied“, erklärt Pollandt dann auch. Wer im Luxussegment tätig ist, müsse sich an die Gegebenheiten anpassen. Und im High-End-Bereich, wo Touristen mehrere hundert Euro für eine Veranstaltung zu zahlen bereit sind, haben sie sich auch gerade selbstständig gemacht.

Auf die Minute frittiert

Die beiden haben Riding Dinner erfunden. Für rund 500 Euro können Gewillte sich mit dem Fiaker durch den ersten Bezirk kutschieren lassen – und während der Fahrt ein Drei-Gänge-Menü genießen. Typisch wienerische Speisen natürlich. Halt gemacht wird bei den Projektpartnern, dem Schwarzen Kameel, wo es Brötchen, Beinschinken und frisch gerissenen Kren gibt. Als Hauptspeise serviert der Augustinerkeller der Familie Bitzinger ein frisches Schnitzel. Für die Nachspeise, einen Apfelstrudel mit Schlag, fährt der Fiaker zum Café Landtmann. Im Service inkludiert ist freilich auch der Butler. Einer der beiden Gründer begleitet die Fahrt, holt die Speisen – die auf die Minute fertig zubereitet werden –, serviert die benützten Teller ab und klärt über Do's and Dont's auf. Rauchen ist im Fiaker verboten, das Hinauswerfen von Dingen ebenso, und die Gläser sollten nur etwas gefüllt werden, sonst verschütten die Gäste Wein, wenn der Fiaker über das Kopfsteinpflaster holpert.

Was ein bisschen wie ein historisches Drive-in anmutet, läuft, laut Gründern, bei den Kunden gar nicht so schlecht an. Anfang Jänner wurde der Betrieb aufgenommen, seither gibt es ungefähr eine Fahrt pro Woche. Trotz der Kälte. Bis zur Hauptsaison ab April wollen die beiden Jungunternehmer noch die Abläufe perfektionieren und Startprobleme ausmerzen. Die Idee für das Riding Dinner kam den beiden eines Abends nach Dienstschluss. So eine Fahrt mit dem Fiaker allein durch die Stadt sei ja langweilig, trotzdem würden es so viele tun, meinten die beiden. Das müsste man doch mit etwas anderem verbinden. Wiener Essen. Mehr als ein Jahr haben die beiden an der Umsetzung gearbeitet. Auch weil die Behördengänge schwierig waren. „Niemand wusste, wie wir einzuordnen sind, und dadurch hat sich auch niemand verantwortlich gefühlt“, erzählt Novotny. Ein typisches Schicksal von Jungunternehmen in Wien, die Neues erfinden. Hilfe kam dann doch von Wirtschaftskammer-Wien-Vize Josef Bitzinger, der die richtigen Anlaufstellen nannte. Bitzinger sei mit dem Augustinerkeller auch einer der drei Projektpartner geworden, als einmal klar war, dass das Schnitzel auch während der Fahrt lang genug warm bleibe. Bei den Fiakern arbeiten die beiden mit dem größten Fiakerunternehmen Wiens, Fiaker-Paul, zusammen. Ziel sei nämlich, mehrere kulinarische Fiakerfahrten gleichzeitig durchzuführen. Und dafür braucht es genügend Kutschen.

Möglich macht die Fahrt nämlich erst ein spezieller Tisch, den Novotnys Onkel – ein Tüftler – eigens für die beiden entwickelt hat. Ein mit Gasfedern eingebauter Teil, der nach der Fahrt abmontiert wird. Der Tisch ist so konzipiert, dass er das Wackeln der Kutsche austariert. „Und die Fiaker sind ja selbst alle gefedert“, erklärt Novotny. Die Gäste selbst, sagen die beiden, hätten jedenfalls keine Probleme, während der Fahrt zu essen. Ob man mit so etwas wirklich viel Geld verdienen könnte, würden Freunde immer wissen wollen. Die Frage ärgert Pollandt. Das Geld stehe nicht an erster Stelle. Erst sei man mal dabei, ein gutes Produkt zu entwickeln. Es sei das Gesamterlebnis, für das die Kunden zahlen. Ein Schweizer hätte das Riding Dinner jedenfalls unlängst genutzt, um seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen.

AUF EINEN BLICK

Riding Dinner heißt das Unternehmen, mit dem Raimund Novotny und Marco Pollandt das Essen in die Kutsche bringen. Für rund 500 Euro bekommen Interessierte ein Drei-Gänge-Menü serviert und werden durch den ersten Bezirk mit dem Fiaker kutschiert. Das macht ein eigener Tisch möglich, der dafür extra von Novotnys Onkel entwickelt wurde. Wer nur etwas trinken mag, der kann die Fahrt auch ohne Essen antreten. www.ridingdinner.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2017)

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