Rekordwert bei gefälschten Medikamenten

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Symbolbild. (c) imago/Sch�ning
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Im vergangenen Jahr wurden vom Zoll 900 Sendungen mit mehr als 53.000 Medikamentenplagiaten entdeckt.

Der österreichische Zoll hat im vergangenen Jahr 1974 Aufgriffe von Produktpiraterie verzeichnet und 67.535 Fälschungen aus dem Verkehr gezogen. Die beschlagnahmten Waren hätten als Originale über 2,7 Millionen Euro gekostet. Einen traurigen Rekord gab es bei gefälschten Arzneimitteln: „2016 haben wir so viele Medikamente aufgegriffen wie nie zuvor“, sagt Gerhard Marosi, Produktpiraterie-Experte im Finanzministerium. Die Zollverwaltung zählte demnach im Vorjahr 900 Sendungen mit mehr als 53.000 Medikamentenplagiaten und einem relativen Originalwert von mehr als einer Million Euro. Am häufigsten sind den Beamten Lifestyle-Präparate ins Netz gegangen. Erhöht hat sich insbesondere der Anteil der Potenzmittel.

Medikamente aus Indien. Dieser Trend soll sich auch im laufenden Jahr fortsetzen. Gefälschte Diätpillen und Haarwuchspräparate werden mittlerweile weniger häufig gekauft. Die aufgegriffenen Medikamente kamen im Vorjahr fast zur Gänze aus Indien.

Neben Medikamenten wurden 2016 – gemessen am Originalwert – vor allem gefälschte Uhren, Taschen, Sportschuhe, Druckerpatronen und Toner sowie Kleidung abgefangen. Der Vertrieb der Plagiate hat sich im Vergleich zu früher verschoben: „Heute ist das Internet der Vertriebsweg“, sagt Gerhard Marosi. Mehr als 97 Prozent der 1947 aufgegriffenen Sendungen wurden im Internet bestellt. Diese werden dann in Kleinsendungen, meist mit der Post, eingeführt.

Viele Fälscher versenden ihre Waren aber über andere Länder, um die wahre Herkunft zu verschleiern. Dies ist besonders bei gefälschten Arzneimitteln, der wohl gefährlichsten Form von Produktpiraterie, der Fall. Bei den Sendungen aus Deutschland handelt es sich nahezu ausschließlich um Medikamente, die über ein „Fulfillment Center“ geliefert wurden. Häufig würden die gefälschten Waren auf den Internetseiten mit Lieferung aus Deutschland beworben.


Soziale Netzwerke.
Produktpiraten nutzten auch immer öfter soziale Netzwerke, um den Handel mit „Fake“-Ware voranzutreiben. Oft werden etwa auf Facebook Werbeanzeigen geschalten, die sich sehr schnell verbreiten. „Bei Preisreduktionen von 70 bis 80 Prozent würde ich die Finger davon lassen“, rät Marosi. Greift der Zoll gefälschte Produkte auf, werden der Empfänger und die Firma, deren Waren betroffen sind, informiert. In den meisten Fällen stimmen diese der Vernichtung der Waren durch den Zoll zu.

Strafbar machen sich Konsumenten dabei aber noch nicht. Erst, wenn Plagiate weiterverkauft werden, verstößt man gegen das Gesetz. Geschädigten wird geraten, ihr Geld zurückzufordern. Wer mit Kreditkarte oder Zahlungsdiensten wie Paypal bezahlt, habe gute Karten.


Wirtschaftlicher Schaden.
Marosi warnt neben den gesundheitlichen auch vor den gesamtwirtschaftlichen Schäden, die durch den Kauf gefälschter Produkte entstehen. „Auch der eigene Arbeitsplatz kann gefährdet sein“, sagt er. Wie viel der Wirtschaft durch die Lappen geht, könne man nur schwer beziffern.

Studien zufolge belaufen sich die wirtschaftlichen Kosten der „Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums“ in Österreich bei Arzneimitteln auf etwa 109 Millionen Euro pro Jahr – diese Zahl betrifft aber nur die Herstellung und den Großhandel, also nicht den Einzelhandel. red.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2017)

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