Jetzt ein Sofortbild – und dann?

Kuratorin Rebekka Reuter und Westlicht-Chef Peter Coeln mit einigen der großformatigen Polaroids.
Kuratorin Rebekka Reuter und Westlicht-Chef Peter Coeln mit einigen der großformatigen Polaroids.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem „Polaroid Project“ zeigt Peter Coeln erstmals Kunst aus der gesamten Sammlung des Herstellers. Es könnte die letzte Schau im Westlicht sein.

Damals, als Peter Coeln noch Werbefotograf war und seine Räume in der Westbahnstraße noch keine Galerie, sondern sein Studio – damals, sagt Coeln, sei Polaroid Teil seines beruflichen Lebens gewesen. Nicht künstlerisches Mittel, sondern Werkzeug: „Man hat jedes potenzielle Bild zunächst einmal mittels eines Polaroids begutachtet.“

Heute hat man dazu ein Display auf der Digitalkamera. Und Polaroid, das die Entwicklung verschlafen hatte und in Konkurs ging, ist nicht nur wiederbelebt – sondern erfreut sich größter Beliebtheit. Vor allem unter Leuten, die zu Original-Polaroid-Zeiten noch nicht einmal geboren waren. „Käufer von Polaroid-Kameras sind extrem jung“, beobachtet Coeln. „Das haptische Sofortbild zieht.“

Nicht zuletzt dieser Interessentenschicht ist die neueste Ausstellung in der Galerie Westlicht gewidmet. „The Polaroid Project“ vereint erstmals Bilder aus dem amerikanischen und dem europäischen Teil der Polaroid Collection. Sofortbilder waren nämlich nicht nur im privaten Alltag beliebt. Edwin Land, Physiker und Gründer der Firma, habe von Anfang an eng mit Künstlern wie dem US-Landschaftsfotografen Ansel Adams zusammengearbeitet, schildert Westlicht-Chefkuratorin Rebekka Reuter. Sie wurden mit Kameras und Filmen ausgestattet, Adams bekam sogar ein Budget, Edwin Land im Gegenzug Beratung und Feedback durch die Fotografen – und Kunstwerke. Diese wurden am Firmensitz in Cambridge, Massachusetts, gesammelt, in Europa am Standort des niederländischen Werks in Enschede.

Letzteres ist jene Sammlung, die heute Peter Coeln gehört. Sofort als er gehört habe, dass die Masseverwalter von Polaroid die Assets verwerteten, habe er die Fotos besichtigt, ein ihm mögliches Angebot gelegt – und zu seiner Überraschung den Zuschlag erhalten. Schon 2011 zeigte er Teile davon; nun sind auch Bilder aus der amerikanischen Polaroid Collection dabei (aus denen allerdings Highlights nach der Pleite versteigert worden sind).

Andy Warhol beim Niesen

Nichtsdestotrotz kann man nun etwa Andy Warhol beim Niesen zuschauen. „Ein Foto bedeutet, dass ich von jeder Minute weiß, wo ich war“, wird die Pop-Art-Legende zitiert. Warhol arbeitete mit dem berühmten SX-70-Format mit weißem Rahmen, das selbst wohl zur Popkultur zählt, und fotografierte sich und sein Umfeld für sein „visuelles Tagebuch“. Daneben gab es aber auch Künstler, die mit den SX-70-Bildern experimentierten. Und dann war da noch das 20x24-Inch-Großformat. Nur sechs Stück gab es von dieser großformatigen Kamera, sie standen den Künstlern zur Verfügung, die – höchst scharfen – Ergebnisse sind ebenfalls zu sehen.

Das vom Österreicher Florian Kaps begründete „Impossible Project“ heißt übrigens mittlerweile „Polaroid Originals“. 2008 war Kaps mit ehemaligen Ingenieuren der Marke angetreten, um das Sofortbild zu retten, man sicherte alte Filmbestände und machte sich daran, das aus chemischen und technischen Gründen nicht reproduzierbare Material neu zu erfinden. 2015 übernahm Oskar Smolokowski, Sohn des polnischen Milliardärs und Großinvestors Wiaczelaw Smolokowski. Heuer im Mai sicherte man sich die Marke Polaroid, vor Kurzem wurde die erste neue Kamera präsentiert.

Für Coeln war die gestrige Präsentation der Ausstellung dabei betont „business as usual“. Darüber, dass es die letzte Schau im Westlicht sein könnte, mache er sich – noch – keine Gedanken. Nach dem Ausfall der Finanzierung durch Leica steht die Finanzierung, wie berichtet, nur bis Ende März. Zu Jahresende müsse es einen Plan geben, aktuell werden Unterschriften für den Erhalt des Westlicht gesammelt, seit Dienstag 13.000.

AUF EINEN BLICK

„The Polaroid Project“ heißt die jüngste Ausstellung der Galerie Westlicht über die Mythos gewordene Marke mit der lange Zeit revolutionären Technologie. Zu sehen sind 200 Polaroids von rund 100 Fotografen aus dem amerikanischen und dem europäischen Teil der Polaroid Collection. Nach Fort Worth in Texas ist Wien die erste europäische Station der Schau (bis 25. Februar 2018), danach geht sie nach Hamburg, Berlin, Singapur, Montreal und Cambridge, MA. Auf www.westlicht.com werden derzeit Unterschriften zum Erhalt der Galerie gesammelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2017)

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