Die Rebellin an der Harfe: „Weg vom Engerlklischee“

Monika Stadler erfindet die Verwendung einer Harfe neu.
Monika Stadler erfindet die Verwendung einer Harfe neu.(c) Clemens Fabry
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Monika Stadler geht seit 25 Jahren mit ihrem großen Instrument eigene Wege. Jetzt feiert sie ihr zehntes Album – und spielt beim Musikalischen Advent.

Es ist nicht gerade das handlichste Instrument, das sie sich ausgesucht hat. Und es ist auch nicht so, dass sie es sich wirklich ausgesucht hätte. Sie war zwölf, erinnert sich Monika Stadler, als eine Volksmusikgruppe im Umfeld der Familie ihre Mutter fragte, ob sie nicht eines ihrer Kinder Harfe lernen lassen wollte – die Harfenistin der Gruppe sei schwanger geworden, man hätte da Bedarf.

Insofern, sagt Stadler, sei es Zufall gewesen – „sofern es Zufälle gibt“. Jedenfalls sei sie somit ziemlich spät zum Instrument gekommen, anders als viele der Menschen, die sie heute in Workshops unterrichtet, „und die sagen, sie hätten als Kind schon davon geträumt“. Begonnen, betont die gebürtige Linzerin, habe sie jedoch schon gänzlich freiwillig, die Stunden an der Volksharfe bei Berta Höller – „sie war die Lehrerin“ – bereiteten ihr von Anfang an Spaß.

Monika Stadler sitzt in ihrem Büro und Probenraum in Wien Landstraße. Es ist ein kleines, ehemaliges Lager, das den Vorteil hat, dass man ebenerdig hineinkommt und dass sie sich keine Sorgen über Nachbarn und Lautstärken machen muss. Es gibt Zimt- und Gewürztees, an den Wänden hängen Plakate aus einem Vierteljahrhundert aus aller Welt. So, sagt sie, seien die vielen Auftritte nicht vergessen, sondern immer präsent.

Jazzimprovisation

25 Jahre ist es her, dass Stadler eine Musikkarriere begründete, die sie quasi erst erfinden musste. Aber um bei der Chronologie zu bleiben: Mit 15 musste sie sich entscheiden, „ob ich Gärtnerin werden möchte oder aufs Musikgymnasium gehe. Ich liebe Pflanzen und die Natur, ich habe lange überlegt.“ Sie wählte die Harfe, nur die Richtung, die sei ihr damals noch nicht klar gewesen. Da wusste sie noch nicht, „dass ich mich herausentwickeln würde aus dem, was an der Harfe üblich ist und zu dem man auch Unterricht bekommt“.

Harfe, das hieß damals: Volksmusik oder klassisches Konzert. „Ich habe gern klassische Musik gehört, aber auch Jazz, World Music, Improvisation. Ich hatte Freunde, die damals schon auf der Gitarre super improvisiert haben. Ich hab es mit der Harfe probiert und mir gewünscht, ich könnte das auch.“ Als sie 18 wurde, meldete sie sich zum Entsetzen aller von der Schule ab, „ich hab ja gewusst, fürs Konzertfach brauch ich keine Matura“. Sie studierte in Wien, spielte früh im Orchester der Wiener Symphoniker, lernte die beiden möglichen Berufsbilder kennen (Orchester oder Lehrerin) – und entschied sich gegen beide. „Ich habe das Gefühl gehabt, dass sich etwas in mir noch viel mehr ausdrücken will.“

Die Wende brachte ein Flyer zum Jazz and Pop Harp Fest in Arizona. „Ich hab irgendwie das Geld aufgetrieben und bin hin.“ Bis 2000 verbrachte sie ab da jedes Jahr in Amerika, in der sich gerade formierenden Jazzharfen-Community. Dort begann sie auch zu komponieren. Ein Fan finanzierte die Produktion der ersten CD. Soeben hat sie ihre zehnte herausgebracht, „ein Feinschliff“, sagt sie, bei aller Liebe zum Rhythmus weniger rebellisch. „Song of the Welsh Hills“ ist von ihrer Zweitheimat, Wales, inspiriert. Vom Meer, der Küste, dem ewigen Grün. Aber auch ein Tango ist dabei.

Auftritte führen Stadler demnächst auf den Karlsplatz und zum Musikalischen Advent. Denn natürlich passe die Harfe auch gut in die Weihnachtszeit. Auch ohne kitschige Glissandi „und Blonde-Engerl-Klischee“.

ZUR PERSON

Monika Stadler (geb. 1963) studierte Harfe in Wien und Jazz in den USA. 1992 begann sie ihre Karriere als selbstständige Harfenistin, zunächst Solo, heute lieber als Duo oder Trio mit einem anderen Instrument. Sie trat in Europa, Amerika, Nordafrika und Asien auf, ihre Kompositionen werden von Harfenisten weltweit gespielt. „Song of the Welsh Hills“ ist ihre zehnte CD. Termine: U. a. Musikalischer Advent, 3. Dezember mit Sigi Finkel (Sax) im Lilarum, solo 6. Dezember, 16 Uhr, Karlsplatz.

Web:www.harp.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2017)

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