Wenn Weihnachten danebengeht: Die Freude am lustvollen Scheitern

Liebevoll oder bösartig, Hauptsache lustig: Heinz Marecek liest Texte über Weihnachten.
Liebevoll oder bösartig, Hauptsache lustig: Heinz Marecek liest Texte über Weihnachten. (c) Akos Burg
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Bei seinen traditionellen Weihnachtslesungen zeichnet Heinz Marecek mit Geschichten von 20 Autoren ein humorvolles Bild des Trubels um das Fest.

Adolar von Königsbrunn ist schuld. Oder auch Waldi oder Purzel, das ist nicht ganz so klar. Denn ehe sich die Familie ernsthaft Gedanken darüber machen kann, wie man den Dackel wohl nennen könnte, den Vater Besenrieder gerade als Weihnachtsüberraschung nach Hause gebracht hat, benimmt sich das Tier plötzlich seltsam. „Er hat Schaum vor dem Mund“, schreit Frau Besenrieder und flüchtet hinter den Christbaum. Was dann folgt, ist ein Weihnachtsfest, wie es ganz und gar nicht geplant war – absurd statt besinnlich.

Herbert Rosendorfers „Der Weihnachtsdackel“ war vor einigen Jahren der Anstoß für Heinz Marecek, sich mit dem komödiantischen Zugang zum Weihnachtsfest zu beschäftigen. „Ich bin durch Zufall auf den Text gestoßen“, erzählt er, „und da habe ich mir gedacht, es muss doch noch mehr Geschichten geben, in denen Weihnachten aus dem Ruder läuft.“ Und ja, es gibt sie. Von Alfred Polgar und Egon Friedell über Christine Nöstlinger und Friedrich Torberg bis zu Helmut Qualtinger. Gar nicht so wenige Autoren haben schräge Zugänge zum Fest in Geschichten und Gedichte verpackt. 20 davon versammelt Marecek in einer Lesung, die er regelmäßig in der Vorweihnachtszeit hält. „Und ich lese nur Sachen vor, bei denen ich schon beim ersten Lesen das Gefühl habe, dass ich das auch anderen erzählen möchte.“

Die Episode mit der Gänseleber

Material, sich über Weihnachten lustig zu machen, gibt es ja genug. Zum Thema Völlern, zum Beispiel, das ja für viele ein elementarer Bestandteil der Feiertage ist. Und das im Programm auch eine eigene Episode hat – die Erzählung von Friedrich Torberg, in der er von einem Weihnachtsessen bei Armin Berg berichtet, der eigens seine drei Schwestern aus Brünn als Köchinnen geholt hat. Die tischen auf, bis gegen zwei Uhr früh niemand mehr kann, alle nur mehr schwer atmend in Bergs Wohnung sitzen – und plötzlich die Tür aufgeht und die Schwestern ein Tablett mit Gänseleberbrötchen hereintragen. Der erschöpfte Volksschauspieler Fritz Imhoff, so erzählt Torberg in der Geschichte, habe dann geächzt: „Tse, das wird ja net zum Derscheißen sein morgen . . .“

Marecek selbst kennt dieses Gefühl aus eigener Erfahrung eher nicht. „Am 24. Dezember wird kalt gegessen, am 25. Dezember das, was sich die Kinder wünschen. Aber das übersteigt nicht das Maß eines normalen Sonntagsfamilienessens.“ Generell hat er Weihnachten als konventionell, fast schon unspektakulär kennengelernt. „Bei meinen Eltern war es ein traditionelles Fest, es gab etwas zum Anziehen oder Bücher als Geschenke.“ So wirklich wichtig wurde das Feiern für ihn erst, als er selbst Kinder hatte und beobachten konnte, wie sie sich über die Geschenke freuten.

Mittlerweile feiert der Schauspieler Weihnachten in Spanien, wo er mit seiner Familie die kalten Monate verbringt. Mit Liedern, die seine Frau am Klavier begleitet, aber sonst auch eher unspektakulär – „pragmatisch“, wie er es bezeichnet. Die Vorweihnachtszeit verbringt er aber traditionell in Wien. Der Gang über den weihnachtlich beleuchteten Graben ist dabei einer der Höhepunkte. Mit Christkindlmärkten kann er dagegen weniger anfangen – wegen der „Verkommerzialisierung“, wie er es nennt. „Was dort alles angeboten wird – muss das wirklich sein?“

Ja, Besinnlichkeit ist möglich

Kann es in so einer Umgebung überhaupt so etwas wie die viel zitierte Besinnlichkeit geben? „Ja, die gibt es“, meint Marecek, „aber man muss sie sich selbst gestalten. Die kommt nicht einfach wie das Wetter.“ Für ihn gehört dazu, dass man früher anfängt, um nicht alles in letzter Minute erledigen zu müssen. Und natürlich die Ruhe, sich zurückzulehnen und zu lesen. „Advent“ von Loriot, zum Beispiel: „Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer die Försterin im Herrenzimmer. In dieser wunderschönen Nacht hat sie den Förster umgebracht.“ Es muss also nicht immer todernst besinnlich sein, man kann Weihnachten auch mit schwarzem Humor begehen – als, wie es Marecek im Titel der Lesung beschreibt, „Fest des Lachens“.

Zur Person

Heinz Marecek (geb. 1945) spielte und spielt in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen (u. a. „Die liebe Familie“, „SOKO Kitzbühel“, Lindenstraße“), im Theater und als Kabarettist. Im Dezember ist er in Österreich unterwegs mit seiner Lesung „Ein Fest des Lachens“, bei der er Texte von 20 Autoren zu Weihnachten präsentiert. Auftakt ist am Donnerstag, den 7. Dezember, im Wiener Theater Akzent, es folgen Termine in Güssing, Amstetten, Traun, weitere in Wien (Theater Akzent, Simpl, Orpheum), Gmunden und Baden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2017)

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