Ein Wiener zurück aus Paris

Beim Gespräch in der Mercerie in der Wiener Servitengasse: Florian Carove ist wieder da.
Beim Gespräch in der Mercerie in der Wiener Servitengasse: Florian Carove ist wieder da.(c) Mirjam Reither
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Zehn Jahre lebte Schauspieler Florian Carove als Künstler in Frankreich. Jetzt ist er wieder da – und steigt in die Leitung im Bronski & Grünberg ein.

Florian Carove war 16, als er zum Telefon griff, um sich mit verstellter Stimme als sein Vater auszugeben und sich von der Schule abzumelden. Die Eltern nahmen es gelassen. „Ein Beruf wie jeder andere“, meinte der Vater zur Schauspielerei. Etwas, dem Carove heute widerspricht. „Es ist schwer, dass man nicht alles persönlich nimmt und sich kränkt.“

Seine Karriere begann früh und steil. Statt zu maturieren, studierte Florian Carove bei Elfriede Ott am Konservatorium. Noch bevor er fertig war, stand er schon mit Otto Schenk oder Helmut Lohner auf der Bühne der Josefstadt. Zuletzt spielte er dort 2007; für seine Rolle als Gwendolen in Bunbury wurde er als bester Nachwuchsschauspieler für den Nestroy nominiert. Wie seine Karriere weitergegangen wäre? Man weiß es nicht, mit 30 ließ Carove alles hinter sich.

Sein Privatleben war zu dieser Zeit längst in Paris verankert. Carove gab seinem Wunsch nach und übersiedelte ganz nach Frankreich, um nach den arbeitsintensiven Zwanzigern doch noch zu reisen und zu leben, in Paris, oder zurückgezogen im Bauernhaus aus Stein in der Bretagne, aus der seine Schwiegereltern stammen.

Eine Phase des französischen Künstlerlebens, die nun zu Ende geht. Florian Carove sitzt, ganz Bohemien, in Ringelshirt und Hosenträger in der Mercerie am Beginn der Servitengasse, in Gehweite vom Lycée, seiner einstigen Schule, und dem kleinen Theater Bronski und Grünberg, und erklärt bei Café au lait, er sei jetzt, beruflich gesehen, „wieder richtig hier.“ Er sagt es mit Zuversicht. „Ich habe weggehen müssen, um Wien wieder schätzen zu lernen.“

Valentino mit Wiener Blut

Dabei, berichtet er, habe er in Frankreich nicht nur die Eleganz der deutschen Sprache verteidigt, sondern auch schöne Erfolge gehabt. In Robert Schneiders Theatermonolog „Dreck“ etwa, oder mit dem Kinofilm „Boys Like Us“. Darin spielte er einen in Frankreich lebenden Österreicher, der in sein Heimatdorf zurückkehrt, weil sein Herz gebrochen wurde. In Caroves Privatleben ist weiter alles intakt, doch damit es funktioniert, meint er, müsse auch das Berufliche stimmen – selbiges ist es, das ihn nun in die Heimat zurück getrieben hat. In Frankreich habe er einfach zu wenig zu tun gehabt.

Ganz hatte er die Brücken freilich nie abgebrochen, etwa im Stadttheater Klagenfurt gespielt. Und sich in Frankreich die Liebe zum Theater auch mit anderem finanziert. Er kellnerte („in der Brasserie L'Entracte bei der Opéra Garnier, lange Schürzen, furchtbar hierarchisch“), um sich anfangs seine Phonetikkurse leisten zu können, erledigte auch Meinungsumfragen oder Übersetzungen für eine Anwaltskanzlei. Doch dann kam der Anruf von Alexander Pschill, als dieser vor einem Jahr im ehemaligen International Theatre Vienna das Bronski & Grünberg eröffnete. Eine erste Rolle übernahm Carove unter Pschills Regie in Dostojewskis „Der Spieler“ – „eine der schönsten beruflichen Begegnungen“. In Folge schrieb ihm Kollege Dominic Oley auf seine Idee hin „My funny Valentino“ auf den Leib – angelehnt an Stummfilmstar, Sexsymbol und „ersten Quotenausländer“ Rudolph Valentino.

Er sehe aus wie der, hatte Carove als Schauspielschüler von der Bardame in der Broadway Bar oft zu hören bekommen. Und zumindest als Ausländer war er tatsächlich immer wahrgenommen worden, sagt er. Erst in der Schule, später im Beruf. „Es hieß, ich sei schwer einzusetzen, so dunkel, so speziell. Ich habe mich oft dagegen wehren müssen, der Exot zu sein.“ Dabei sei er mit seinen ungarischen, polnischen und italienischen Wurzeln doch „ein totaler Wiener“. Ab März spielt und singt er denn auch in einer Soap-Opera-Variante von „Wiener Blut“, Ruth Brauer-Kvam wird mit der Operette ihr Regie-Debüt geben. Sie kennt er aus der gemeinsamen Zeit am Schauspielhaus, seither fühlt er sich ihr sehr verbunden. „Es war auch ihre Idee, mich mit Alexander Pschill zusammenzuschließen.“

Jetzt kämpft er an dessen Seite um Subventionen: Im Bronski steigt er in die Leitung mit ein und erlebt damit die Geldsorgen mit, die ein so kleines Theater umtreiben. Nach zwei Saisonen ist es „trotz des großen Erfolges bei Publikum und Presse“ in Gefahr. Da hilft es auch nur bedingt, dass das Theater für den Nestroy-Spezialpreis nominiert war. „Eh Firlefanz, aber auch Ansporn und Auftrag.“ Der aktuelle Rigoletto wurde jedenfalls per Crowdfunding finanziert, Unterstützung wird weiter erbeten.

Daneben spielt Carove nach zehn Jahren auch erstmals wieder in der Josefstadt, in Maria Stuart darf er ausgerechnet Französisch sprechen. Generell scheint sich zu bewahrheiten, was ihm Elfriede Ott einst vorausgesagt hat: Dass er, auch wenn er immer dramatisch sein wollte, mit komischen Rollen Erfolg haben würde. „Wie ein schlimmes Kind“ sei er damals bei ihr gewesen, erinnert er sich. Nervös, quirlig, viel zu jung. „Ich wollte Theater spielen, aber ich habe nicht begriffen, wie es geht.“ Und immer sei er überall der Jüngste gewesen. Damit ist nun Schluss. „Es ist schön, wenn man endlich der ältere Kollege ist.“

ZUR PERSON

Florian Carove wurde am 30. Dezember 1975 in Wien geboren und begann mit 16 sein Schauspielstudium am Konservatorium. Er spielte u. a. im Theater der Jugend, Garage X oder am Stadttheater Klagenfurt und in der Josefstadt (aktuell in „Maria Stuart“). Im Bronski & Grünberg ist er im Jänner wieder in „Der Spieler“ und „Valentino“ zu sehen, ab

März auch in „Wiener Blut“. In „Onkel Wanja“ übernimmt er die Titelrolle. In „Was ihr wollt“ unter Regie von Alexander Pschill spielt er zum ersten Mal beim Theatersommer Haag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2017)

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