Alex Beer: Krimis aus dem düsteren Wien

Autorin Daniela Larcher veröffentlicht diese Woche als Alex Beer ihren zweiten August-Emmerich-Roman. Und schreibt schon am dritten Teil der hoch gelobten Historien-Krimiserie.
Autorin Daniela Larcher veröffentlicht diese Woche als Alex Beer ihren zweiten August-Emmerich-Roman. Und schreibt schon am dritten Teil der hoch gelobten Historien-Krimiserie.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Alex Beer veröffentlicht ihren zweiten Wien-Krimi. Die Autorin über präzise Recherche, Wien als frühes Hollywood und ihren Hang zum Morbiden.

Nette Geschichten sind ihres nicht. Keine Frauenliteratur, keine rosa Buchcover, und überhaupt, ein Mord, oder zumindest irgendein Verbrechen muss schon dabei sein. „Das war immer so, als Kind hab ich mit den ,Fünf Freunden' angefangen, dann Agatha Christie, ich habe immer Krimis gemocht, zuletzt vor allem Tom Rob Smith oder Don Winslow“, sagt sie, der man, will man in Klischees denken, den Hang zum Düsteren, Dunklen und Grauslichen erst einmal nicht ankennen würde.

Vielleicht war es diese langjährige, die frühe Expertise im Fach, die sie dann selbst zur hoch gelobten Krimischreiberin werden ließen: Dieser Tage erscheint jedenfalls ihr zweiter Krimi um Ermittler August Emmerich, nachdem Nummer eins der jungen Serie, „Der zweite Reiter“, voriges Jahr mit dem Leo-Perutz-Preis ausgezeichnet wurde. Und es geht weiter, Folge drei ist schon in Entstehen, auch über Filmproduktionen wird verhandelt. Es gebe mehrere Interessenten für den Stoff. Zwar sind Historien-Krimis wie die ihre in der Umsetzung teuer. Aber in der Erfolgswelle von Babylon Berlin etwa könnte das etwas werden.

Immerhin spielen ihre Emmerich-Krimis in einer ähnlichen Zeit. Vor dem Glamour der Goldenen Zwanziger, oder, in der eher düsteren Gegenwelt dieser Zeit. Es ist das Wien des Jahres 1920 (ihr erster Emmerich-Fall hatte 1919 gespielt), das Nachkriegs-Wien ist ein düsterer Ort, beschreibt Beer. Not, Lebensmittelknappheit, politische Unruhen, Streiks, in der ganzen Stadt muss es gestunken haben, Lebensraum war extrem beengt, die Straßen müssen voll zerlumpter oder kriegsverwundeter Leute gewesen sein.

„Es gab eine irrsinnige Kluft zwischen großer Not und reichen Kriegsgewinnlern“, sagt Beer. Zugleich gab es wildes Nachtleben, die glamourösen Twenties beginnen, und kurz, für ein Jahr vielleicht, ist Wien die Welthauptstadt des Film, des Stummfilms, natürlich, weil die Produktion in der Stadt voll Arbeitsloser so günstig war.

In diesem Setting wird ein Stadtrat ermordet, Emmerich muss sich um eine exaltierte Schauspielerin kümmern, nach und nach kommt er einem Komplott auf die Schliche. „Es ist ein tolles Noir-Setting, diese Zeit ist politisch spannend, und viel zu kurz gekommen, man weiß wenig darüber“, erklärt Beer, warum sie diese Zeit, in der Wien weder mit imperialem Glanz noch mit der modernen „lebenswertesten Stadt“ etwas zu tun hat, wählt. Diese Zeit lässt sie in ihren Büchern lebendig werden.

„Zu 100 Prozent“, versuche sie authentisch nachzuzeichnen. Für die Recherche verbringe sie Monate in der Nationalbibliothek, lese alles aus der Zeit, Tageszeitungen bis Polizeiberichte. Was war an diesem und jenen Datum Tagesgespräch an der Bassena? Wie haben Ermittlungsmethoden funktioniert, was hat man als Klopapier verwendet? Beer erzählt mit Begeisterung von der Recherche kleinster Details – immerhin hat sie auch Archäologie studiert.

Danielas Bücher waren zu nett

Trotzdem widmet sich die gebürtige Vorarlbergerin schon lange der Literatur. Vor dem ersten Emmerich-Roman hat Beer schon Krimis veröffentlicht. Damals als Daniela Larcher, damals waren es noch andere Krimis. „Cosy Crime“, ein liebenswert-schrulliger Kommissar, ein nettes Dorf mit Geheimnissen, solche Dinge.

Mit den düstereren Historien-Krimis kam das Pseudonym Alex Beer. Im Verlag hatte man die Befürchtung, alte Leser zu enttäuschen – oder neue zu verscheuchen. „Dann kam der Vorschlag, ein männliches Pseudonym zu nehmen, weil das besser sei“, erzählt sie, lacht, „ich hab natürlich gesagt: Nein! Geht nicht! Ich bin Feministin!“ Also wurde es Alex, auch neutral, aber ein offenes Pseudonym, das sie eine Frau ist, wurde nie verheimlicht. Und immerhin passe ein neuer Autorenname zum neuen Stil. „Die alten Geschichten hatten sich auserzählt, ich bin auch älter geworden, schaue vielleicht mehr auf Anspruch, Themen wie Politik oder Wirtschaft sind mehr im Fokus“, sagt sie. Bloß Morde, die müssen nach wie vor dabei sein.

Zur Person

Alex Beer, eigentlich Daniela Larcher, wurde 1977 in Bregenz geboren. Sie hat Archäologie und Betriebswirtschaft studiert und lebt nach Jahren in New York und Berlin nun in Wien. Als Daniela Larcher hat sie im Fischer Verlag bereits vier Krimiromane veröffentlicht. Als Alex Beer hat sie für den ersten August-Emmerich-Krimi „Der Zweite Reiter“ 2017 den Leo-Perutz-Preis gewonnen.

Die rote Frau, ihr neuer Roman, ist soeben im Verlag Limes erschienen. Info und Lese-Termine: www.alex-beer.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2018)

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