Heimliche Stars der Zauberflöte: Sängerknaben als Schauspieler

Die Sängerknaben bei den Proben mit Klaus Maria Brandauer, der ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest.
Die Sängerknaben bei den Proben mit Klaus Maria Brandauer, der ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest. (c) Lukas Beck
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Für sechs Wiener Sängerknaben ist es ein aufregender Sommer: Sie singen und spielen in der „Zauberflöte“ mehr als nur Nebenrollen.

Fußballer, Pilot, Rennfahrer: Fragt man zwölfjährige Buben nach ihrem Traumberuf, gehen die Antworten meist in diese Richtung. Für Jeong-min aus Südkorea, Matthew aus Neuseeland, Philipp aus München, David aus Bonn, Bastian aus Niederösterreich und Mirko aus Wien ist das anders: Sie wollen Opernsänger werden. Die sechs Buben im Alter von zwölf bis 14 Jahren treten derzeit als Drei Knaben in der „Zauberflöte“ bei den Salzburger Festspielen auf.

Alle sechs – jede Rolle ist doppelt besetzt – sind bei den Wiener Sängerknaben und bringen Konzerterfahrung in aller Welt mit. Doch bei den Salzburger Festspielen mitzuwirken, ist für die sechs Buben trotzdem eine neue und aufregende Erfahrung.

Sie müssen nämlich nicht nur singen, sondern auch ihr Talent als Schauspieler zeigen. Regisseurin Lydia Steier hat die Mozart-Oper in einen neuen Kontext gestellt. Der Großvater – gespielt von Klaus Maria Brandauer – liest seinen Enkeln eine Gute-Nacht-Geschichte vor.

Bei Casting ausgesucht

Dieses Setting zieht sich wie ein roter Faden durch die Inszenierung – die Drei Knaben sind während der gesamten Vorstellung auf der Bühne und haben auch einige neu eingefügte Textpassagen zu sagen. „Es macht Riesenspaß“, erzählt Philipp: „Wir sind der Kern der Geschichte und immer auf der Bühne.“

Bei einem Casting im Frühjahr wurden sie für die Rollen ausgewählt. Seit 1. Juli haben die sechs Buben in Salzburg mit dem gesamten Team intensiv geprobt, zuerst im Lehrbauhof, dann im Großen Festspielhaus. Sie haben dabei auch lustige Sachen erlebt. Einmal hat der Hund der Ersten Dame sich einen Teddybären der Drei Knaben geschnappt und auf der Bühne zerfetzt.

„Da wurde die Probe unterbrochen und alle haben gelacht“, erzählt Mirko. Ein anderes Mal haben die Buben für Schmunzeln gesorgt: „Ich habe die Flöte von unten nach oben gespielt“, erzählt David von einer kleinen Panne: „Ich habe nicht gewusst, wie man die spielt.“

Fußball und Festung

Vor der Premiere am vergangenen Freitag waren die Drei aufgeregt, aber auch voller Vorfreude. Am Ende erhielten sie wegen ihres Gesangs und ihrer Bühnenpräsenz viel Applaus vom Publikum. Ihre Freizeit verbringen die Sängerknaben wie andere Buben in ihrem Alter. Sie spielen Fußball oder toben im Park von Schloss Arenberg, wo sie während ihres Salzburg-Aufenthalts wohnen. Sie waren schon mit der Gondel auf dem Untersberg, haben sich die Festung und den Hangar 7 angesehen.

Um Wiener Sängerknabe zu werden, müsse man kein Pavarotti sein, sagt Tina Breckwoldt, die Pressesprecherin des weltberühmten Knabenchors: Man müsse Gehör, Rhythmusgefühl und vor allem Begeisterung mitbringen. Jedes Kind könne singen.

Die Wiener Sängerknaben gibt es seit mehr als 500 Jahren, sie waren Teil des Kaiserhofs. Joseph Haydn, Michael Haydn oder Franz Schubert waren Chorknaben. Nach dem Ende der Monarchie wurden die Wiener Sängerknaben als privater, gemeinnütziger Verein weitergeführt.
Heute gibt es vier Konzertchöre, in denen die Neun- bis 14-jährigen Buben singen und in aller Welt auftreten. „Mir hat Island am besten gefallen“, erinnert sich Philipp an seine schönste Konzertreise. Mirko hat Chile am meisten beeindruckt: Da habe der Chor vor 7000 Menschen gesungen. „Da haben wir alle gezittert“, erzählt der Zwölfjährige.

Zusammen kommen die vier Chöre pro Jahr auf immerhin rund 300 Auftritte in aller Welt. Dass ihnen nach der langen Probenzeit und den insgesamt sieben Aufführungen der „Zauberflöte“ das Stück irgendwann langweilig werden könnte, glauben die Buben nicht. „Es ist so toll, den großen Sängern zuzuhören“, sagt Philipp: „Und man kann sich so viel abschauen.“ Schließlich will er ja Opernsänger werden – oder zumindest irgendetwas mit Musik machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2018)

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