Schimanko: „Wir sind entkoppelt von der Welt“

Heinz-Rüdiger Schimanko führt künftig des Nachts durch die Eden, Schwester Michaela organisiert zuvor die Kleinkunst.
Heinz-Rüdiger Schimanko führt künftig des Nachts durch die Eden, Schwester Michaela organisiert zuvor die Kleinkunst. (c) Copyright Karl Schöndorfer TOPP (Karl Schöndorfer)
  • Drucken

Heinz-Rüdiger Schimanko führt neben dem Stundenhotel Orient nun die Eden – und will mit Hollywood und Katzenkaffee zurück zu alter Größe.

Zum Abschied zu eher späterer Stunde gibt es von Heinz-Rüdiger Schimanko noch ein Versprechen. Man möge doch wiederkommen – „hier wird sich nichts verändern“. Nüchtern ist zu diesem Zeitpunkt zwar niemand mehr, aber dass das ein etwas widersprüchlicher Punkt ist, fällt einem immer noch auf.

Donnerstagabend hat Schimanko Journalisten und Gäste wie Lucas Fendrich und Boxerin Nicole Wesner in die Eden Bar geladen; 22.15 Uhr mag für einen Pressetermin ein wenig ungewöhnlich sein, aber dann auch wieder nicht, sperrt die Bar in der Liliengasse doch erst um 22 Uhr auf. Wo einst der Rolls-Royce Silver Shadow von Nachtklubkönig Heinz Werner Schimanko geparkt hat, steht nun die mehr als 300 PS starke Kawasaki seines Sohns.

Dessen Stolz ist zumindest in diesem Moment allerdings etwas ganz anderes. Im ersten Stock der Bar drückt er liebevoll Kaffeepulver in den Siebträger seiner Espressomaschine. Er habe ja eigentlich nie Kaffee getrunken – nie mehr, seit er mit seinem Vater Kopi Luwak gekostet habe, Kaffee aus jenen berühmten Bohnen, die vor der Röstung einmal durch eine Schleichkatze wandern. Später habe er keinen Kaffee in dieser Qualität mehr bekommen – die Katzen würden in Gefangenschaft gemästet, das Resultat sei weniger gut. Nun habe er, im Urlaub mit seiner Frau auf Bali, „Manufakturen mit großen Freigehegen gefunden“. Weshalb es nun in der Eden Espresso Martini aus Katzenkaffee gibt. Damit sei man „definitiv das einzige Lokal in Europa“, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt.

Eigentlich sagen will Schimanko freilich etwas anderes: Er ist der neue Herr der Eden Bar. Vor ziemlich genau einem Jahr hat seine Schwester, mit einer halben Million Euro Schulden, Antrag auf ein Sanierungsverfahren gestellt. Bruder Heinz-Rüdiger, der seit dem Herztod des Vaters 2005 das noble Stundenhotel Orient betreibt, hat damals für 150.000 Euro eine Rückstellungserklärung abgegeben und von „schwierigen Zeiten für diese Art der Erlebnisgastronomie“ gesprochen.

Die Aufgaben neu verteilt

Nun hat Schimanko die Insolvenzgeschichte ausbezahlt und die Bar übernommen, im Hintergrund Soundanlage und Gastroinfrastruktur erneuert, die Beleuchtung auf LED umgestellt und die Aufgaben neu verteilt. So soll Michaela künftig für Büro und die von ihr vor ein paar Jahren entwickelte Kleinkunstschiene zuständig sein, während er selbst die Rolle des Hausherrn übernimmt. „Ich war mir immer sicher, dass das funktioniert“, sagt er, „aber so eine Bar braucht den Wirt, und da tu ich mir als Mann leichter als meine Schwester.“

Wie er die Eden sonst in die Zukunft führen will? Zwar umweht das Etablissement immer noch der Mythos vom (vermeintlichen?) Glanz vergangener Tage, doch zuletzt sind die Gäste weniger geworden, und das dürfte wohl nicht nur an der viel zitierten Baustelle liegen, die den Eingang mehrere Jahre verdeckt hat. Auf Social Media setzt Schimanko zwecks Verankerung im urbanen Ausgehgedächtnis jedenfalls nicht. Er sei weder auf Facebook noch auf Instagram, sagt der Mann, der auch im Orient sein Geld mit Diskretion verdient. „Mich interessiert dieser ganze Internetexhibitionismus nicht.“ Lieber setze er auf persönliche Präsenz und Mundpropaganda. In dieser Hinsicht sei er altmodisch, „wie das Lokal“. Die Eden sei ein Mikrokosmos, „in dem die Zeit stehen bleibt. Wir sind entkoppelt von der Welt da draußen.“

Eher denkt Schimanko sogar daran, eines Tages Gäste die Handys am Eingang abgeben zu lassen – bei den Clubbings, die ihm vorschweben. Mit exklusivem Dresscode und einer noch exklusiveren Liste an Gästen, die bereit seien, 250 Euro Eintritt zu zahlen. Und dann gebe es noch die Idee, internationale Sängerinnen und „altehrwürdige Hollywoodstars“ nach Wien zu holen, um „so weiterzumachen wie in den Achtzigern“. Betrachtet man die Damen in engen Minikleidern auf der Tanzfläche, den Keyboarder mit Sonnenbrille, der seit Jahrzehnten die gleichen Lieder spielt, hat man tatsächlich den Eindruck, sie wären gar nie vergangen. Bleibt nur die Frage, wie das Wiener Publikum das findet.

AUF EINEN BLICK

Die Eden Bar. 1919 kaufte Operettensängerin Emmy Stein die damalige City-Bar und benannte sie in Eden Bar um. 1953 kaufte Gabor Kenézy die Bar, 1974 erwarb sie der Nachtklubbesitzer Heinz Werner Schimanko. Nach seinem Tod 2005 übernahm seine Tochter Michaela, nun sein Sohn, Orient-Betreiber Heinz-Rüdiger. Die Bar bietet Livemusik und ist von Donnerstag bis Samstag von 22 bis vier Uhr geöffnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.