Pop

Jugo Ürdens: "Ich hing gerne vor dem Flex ab"

Seine Kindheit verbrachte er in Ottakring, jetzt zieht es Jugo Ürdens in die große Welt.
Seine Kindheit verbrachte er in Ottakring, jetzt zieht es Jugo Ürdens in die große Welt. (c) Akos Burg
  • Drucken

Rapper und Model Jugo Ürdens, Urwiener mit mazedonischen Wurzeln, tritt mit seinem Debütalbum "YUGO" erstmals groß in Erscheinung.

Zuerst Voodoo Jürgens, dann Jugo Ürdens. In der Verballhornungszone des Markennamens Udo Jürgens wird es schön langsam eng. „Es war einfach Zufall. Vielleicht gar kein unglücklicher“, schmunzelt Jugo Ürdens. Nachsatz: „Voodoo ist ein supernetter Typ. In meinem Video ,Diesdas‘ hat er sogar einen Cameoauftritt absolviert.“ Seinen Künstlernamen hat der 22-jährige Wiener Rapper von Freunden verliehen bekommen. Und gerne angenommen. Schließlich führt er selbst gerne Schmäh. Das merkt man seinen Musikstücken unmittelbar an. Das erwähnte Video von „Diesdas“ ist in Zartrosa gehalten. Schließlich hat er einen guten Teil seiner Kindheit im Schatten der Ottakringer Manner-Fabrik verbracht.

„Als Familie war das unsere schönste Zeit“, erinnert er sich. „Die Luft duftete nach Schokolade und unsere Altbauwohnung war schön.“ Er hing zwar auch im Park mit „Jugos, Türken, Albanern und vereinzelten Österreichern“ ab, war letztlich aber doch eher eine Zimmerexistenz. Mit sieben Jahren nach Österreich gekommen, ohne ein Wort Deutsch zu können, wurden zunächst die Lesebücher zu seinen besten Freunden. „Ich saugte alles auf, was mit Sprache zu tun hatte.“ Das kam ihm später zugute. Er zog zwar mit der Familie an den Stadtrand in den 22. Bezirk, besuchte aber ein Gymnasium im ersten Bezirk. „Meine Eltern haben beide Maschinenbau studiert. Ihnen war Bildung wichtig.“

Rapper mit Maturaniveau

Aber ein Rapper mit Maturaniveau? Ist das kein Nachteil? „Müsste man meinen“, lacht Jugo Ürdens, „aber mittlerweile ist man in der Szene toleranter.“ Je näher es Richtung Reifeprüfung ging, desto mehr Motivationsprobleme bekam er. „Ich habe letztlich eh nur mit Ach und Krach maturiert. Aber ich wollte die acht Jahre Schulzeit nicht wegschmeißen und so habe ich das letztlich durchgedrückt.“

Er probiert sich zunächst an der WU, aber dort fühlte er sich gar nicht wohl. „Im Trainingsanzug kam ich da mit meinem 400-Euro-Laptop an und merkte sofort, das ist nicht mein Milieu. Alle waren gekleidet, als wären sie schon auf ihrer eigenen Sponsion.“ Damals hat er schon gerappt. Im Gymnasium hat er sich einem Hip-Hop-Kombinat namens „Sprachsex“ angeschlossen. Als er seine erste eigenständige Nummer „Österreicher“ herausbrachte, ging man getrennte Wege.

Schon mit der ersten Strophe bewältigt Jugo Ürdens sein WU-Trauma. „Ich komm' im Brudi-Hoodie auf die Wirtschaftsuni, hole mir ein paar gut betuchte Döbling-Tussis, halt' die Zwiebelfahne hoch.“ Schon hier spielt er klug mit den Klischees. „Sag, Herr Türsteher, wen willst du nicht reinlassen? (Heast!) Ich bin endlich Österreicher“, heißt es im Refrain. Im wirklichen Leben ist er es immer noch nicht. Eingefleischter Clubgänger war er auch nie. „Ich hing gerne vor dem Flex ab. In diese Techno-Drum'n'Bass-Clubs bin ich nie rein. Ich bin halt eine alte Seele, die in einem jugendlichen Körper gefangen ist“, sagt der Feschak, der auch mehr und mehr Modeljobs annimmt. Sein Stück „Österreicher“ findet er heute „musikalisch furchtbar, aber inhaltlich immer noch gut.“ Sein Geschmack hat sich halt mit den Jahren verändert. „Zu Beginn liebte ich diese deutsche Rapcrew Die Orsons. Eher weiches Zeug. Dann hab ich den Streetrap entdeckt. Eine gewisse Rohheit und die Art des Erzählens haben mich total fasziniert.“

Jetzt hat er mit „YUGO“ (erschienen am 5. Oktober im Label Futuresfuture) sein erstes Album herausgebracht. Ohne Plan. „Bei mir muss sich alles organisch entwickeln.“ Diese Haltung des permanenten Improvisierens führte nun zu 13 Stücken, die Humor und Melancholie auf schönste Art zusammenführen. Das Titelstück ist eine sarkastische Hommage an den gleichnamigen jugoslawischen Kleinstwagen. „Der hatte nur 45 PS und ganz viel Plastik. Der Yugo ist die Kakerlake unter den Autos. Aber überlebt sicher einen Atomkrieg.“

Mit Bravour lebt Jugo Ürdens seinen Traum als Rapper. Aber er weiß, dass das mit der Musik stets mit Unwägbarkeiten verbunden ist. Kollege Money Boy ist ihm da Beispiel. „Er ist ein Innovator, bekommt aber keinen Respekt dafür. Money Boy ist der Baum, Yung Hurn ein Ast daraus.“ Dezent schielt er selbst jetzt auf den Musikmarkt Deutschland. Statt „Tschesn“ rappt er „Karre“. Verzeihlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.