Rienna: Wiener Design im Verkaufslabor

Matthias Felsner, Elli Schindler und Martin Fetz (v. l.) laden zum Designshop – samt künstlerischer Interpretation von allem, was zu einem Kaufhaus gehört.
Matthias Felsner, Elli Schindler und Martin Fetz (v. l.) laden zum Designshop – samt künstlerischer Interpretation von allem, was zu einem Kaufhaus gehört.(c) Lukas Aigelsreither
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Das Rien im Griensteidl ist passé, doch das Rienna lebt wieder auf: Als Designshop und Treffpunkt in der Schleifmühlgasse, vorerst bis Weihnachten.

Matthias Felsner und Martin Fetz sind sich nicht immer einig. Zum Beispiel in Bezug auf die Frage, ob sich über Geschmack streiten lässt. Fetz findet: Nein. „Manchmal sind schöne Sachen einfach schön. Punkt.“

Ein paar dieser schönen Sachen, Mode, Accessoires, Design und Bücher, kann man bis Weihnachten im neuen Rienna #2 der beiden in der Schleifmühlgasse kaufen. Rienna, zu Erinnerung, das war ein Teil des Rien: Unter diesem Titel hatten Felsner und Fetz mit anderen Mitstreitern im Vorjahr das ehemalige Café Griensteidl am Michaelerplatz als Zwischennutzungsprojekt in eine Art Kaffeehaus-Versuchslabor verwandelt. Um herauszufinden, ob und wie an dem Standort in bester Innenstadtlage auch anderes als die üblichen Touristenangebote funktionieren kann.

Teil davon war das Rienna, ein Verkaufs- und Ausstellungsraum für zeitgenössisches Design aus Wien. Und für Wien: Ein Großteil der Kunden seien Wiener gewesen, lautet eines der Fazits vom Michaelerplatz, Touristen würden sich eher für die üblichen internationalen Highstreet-Labels interessieren. Anders als etwa für skandinavisches Design würde man sich hier nicht trauen, „für Wiener Design Geld auszugeben“. Oder zumindest noch nicht. Eine andere Erkenntnis war, dass es schwer ist, mit temporären Angeboten Touristen zu erreichen. „Vielleicht könnte man auf höherer Ebene dafür Infrastruktur schaffen.“ Schon damals sei jedenfalls klar gewesen, dass man das Projekt Rienna langfristig denken wolle, zumal dort eine Art Community mit Kreativen, Querdenkern und Unternehmern entstanden sei. Ihr soll das Rienna # 2 nun Raum geben.

Zuständig für die Auswahl der knapp 30 Labels – von Designer Arthur Arbesser über Taschen von Glein bis zur neuen Leuchte von Marco Dessi – ist Elli Schindler, die sich nach Jahren der Arbeit etwa für die Züricher Blickfang-Messe oder die Vienna Design Week vor zwei Jahren selbstständig gemacht hat. Sie war bei vielen der Hersteller in den Studios und Ateliers, kennt die Geschichten hinter den Produkten. „Durch die geballte Präsenz werden sie anders wahrgenommen“, sagt sie. „Sich zu denken: Wow, das ist alles in Wien entstanden – das ist ein tolles Gefühl.“ Man dürfe jedenfalls nicht denken, „dass hier wieder ein paar Bärtige einen Laden aufmachen“, ergänzt Fetz das Konzept. „Hier könnte auch meine Mama einkaufen.“

„Last Christmas“ von Lauermann

Daneben soll das Rienna, auch über Weihnachten hinaus, als Labor fungieren, in dem man sich mit Fragen beschäftigt wie: Haben Geschäfte Zukunft? Wenn ja, warum? Wo liegen die Herausforderungen? Angesichts des wachsenden Leerstands nimmt man das Thema Verkauf ernst, manchem will man sich dabei durchaus ironisch oder persiflierend nähern – etwa, wenn Cellist Lukas Lauermann demnächst stundenlang „Last Christmas“ spielt, Keyboarder Benjamin Omerzell Kaufhausmusik interpretiert oder ein Roboter den Spritzer mischt.

Untergebracht ist das Rienna in den Galerieräumen von Kerstin Engholm, mit der man kooperiert – mit dem eher schrägen Nebeneffekt, dass das Galerienpublikum der Gegend nun alles, was hier steht, für Kunst halte, „sogar unseren Holztisch“, sagt Fetz. Als ehemaliger Lehrer betreibt er seit gut vier Jahren mit Felsner (ehemals Betriebswirt) und anderen die Projektschmiede Friendship.is, die viele kulinarisch über die Feldküche kennen, die aber auch schon für den künftigen Ikea am Westbahnhof ein Grätzelfest organisierte. Was genau Friendship sei, können die beiden selbst schwer definieren. Die Menschen wollten immer Kategorien, klagt Fetz. „Aber so funktioniert die Welt nicht mehr.“

Auf einen Blick

Rienna #2 versteht sich als „temporary store for contemporary design“. Bis Weihnachten werden mit Unterstützung der Wirtschaftsagentur Mode, Kosmetik, Accessoires und Bücher angeboten. Im Vergleich zum ersten Rienna ist das Angebot kleiner und stärker auf Wien fokussiert. Eröffnung ist heute Abend, am Samstag gibt es einen „Mall Talk“ zu Fair Fashion mit Sabinna Rachimova.

Öffnungszeiten: 8. November bis 23. Dezember, Do – Fr 12 – 20 Uhr, Sa 10 – 18 Uhr, Schleifmühlgasse 3. Programm: www.rienna.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2018)

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