Münchner „Tatort“-Kommissare: „Bis einer einen Rollator braucht“

Kaum sind Nemec (links) und Wachtveitl auf der Straße, werden sie angesprochen.
Kaum sind Nemec (links) und Wachtveitl auf der Straße, werden sie angesprochen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl feiern als Ermittlerduo ein kleines Jubiläum. Und zeigen in Wien, dass sie auch auf der Bühne eingespielt sind.

Man kommt nur ganz wenige Schritte weit, bis zwei Frauen Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl auf der Straße ansprechen: Ob sie in Wien seien, um einen Fall zu lösen? Nein, sind die Schauspieler, die für den Münchner „Tatort“ ermitteln, nicht. Obwohl ihr nächster Fall, der am Sonntag gezeigt wird – ihr 80. als Ivo Batić und Franz Leitmayr – mit Österreich zu tun hat.

„Der Täter braucht etwas, um seine Tat durchzuführen. Und dafür muss er nach Österreich fahren, weil es in Deutschland verboten ist“, sagt Wachtveitl kryptisch. Und grinst: Neugier wecken gehört dazu. Nemec (64) und Wachtveitl (60), die seit 1991 Seite an Seite ermitteln, sind absolute Routiniers. Das Münchner Ermittlerduo ist nach Ludwigshafen Nummer zwei beim Dienstalter und Nummer eins bei der Zahl der Fälle. Und sie sind trotz unterschiedlicher Lebensentwürfe – der eine, Nemec, habe ein Einfamilienhaus, wie die beiden mit Münchner Einschlag witzeln, der andere treibe sich anderswo herum – ein eingespieltes Team, nicht nur vor der Kamera.

Dass sie es auch auf der Bühne sind, beweisen sie bald in Wien – daher der Besuch: Begleitet von einem Streicherensemble mit eigener Musik erzählen und spielen sie übernächstes Wochenende Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte, in der der Geizhals Ebenezer Scrooge von Geistern heimgesucht wird und seine Menschlichkeit wieder entdeckt. Gesungen wird dabei nicht – obwohl Nemec am Mozarteum Musik (Schwerpunkt klassisches Klavier) studiert hat und Frontmann seiner eigenen Band ist.

Totalablehnung einer Folge

Überhaupt machen die zwei einiges abseits des „Tatort“, der sie vier Monate im Jahr beschäftigt – Lesungen und Konzerte etwa. Wobei da natürlich viele kommen, weil sie die Kommissare einmal im echten Leben sehen wollen. Und natürlich werden die nicht nur in Wien auf der Straße angesprochen, mit den üblichen Schmähs, die Fernsehpolizisten eben so hören – „Bitte nicht verhaften, ich habe nichts getan.“ „Aber inzwischen sagen manche auch Herr Nemec“, sagt Nemec.

Abfärben tue die Rolle des Kommissars jedenfalls nicht, sagt Nemec. Sehr wohl kennen die beiden ihre Figuren inzwischen so gut, dass sie auch eine gewisse Mitsprache haben. Mit ihrem aktuellen Regisseur, dem Klagenfurter Rupert Henning, geht es mitunter darum, einige allzu „österreichisch-blumige Formulierungen“ einzubremsen, sagt Wachtveitl. Auch eine Totalablehnung hat es in den 27 Jahren „Tatort“ schon gegeben. Worum es ging? Trockenes Lachen: „Da liegt der Mantel des Schweigens drüber.“

Inzwischen haben sie als Kommissare jedenfalls eine gewisse Sicherheit, sie nennen es Selbstverständlichkeit. „Wir waren ja in den Dreißigern, als wir angefangen haben“, sagt Wachtveitl und die beiden beginnen wieder einmal Schmäh zu führen. „Da wollte man manchmal noch so besonders kommissarisch sein.“ – „Dicke Jacke und so.“ – „Eine Oktave tiefer, aber da kam ja bestenfalls ein heiserer Husten raus bei dir.“ Das sei seit langer Zeit anders: Man müsse der Nation nicht mehr beweisen, dass sie diesem Kommissar glauben könne.

Kein Marlon Brando geworden

Haben ihnen die langjährigen Rollen im „Tatort“ beruflich irgendwas verbaut? „Wenn man groß denkt, sage ich: Ich bin kein Marlon Brando geworden“, sagt Nemec. „Wenn ich kleiner denke, sage ich: Ich bin größer geworden, als ich je dachte, aus dem Hinterhof in Zagreb.“ Und Wachtveitl meint: „Ich habe alles gemacht, was mir Spaß gemacht hat.“ Neben der Schauspielerei habe er sich auch noch mit vielem anderen befasst, von Architektur bis Philosophie.

Wie lange sie noch die Kommissare machen werden, wissen sie nicht. „Das ist ein bisschen, als würde man mich fragen, wie lange ich noch mit meiner Frau zusammen sein will“, sagt Nemec und lacht. „Es läuft gut, also bleiben wir noch ein bissl zusammen.“ Allzu bald dürfte es nicht vorbei sein, wenn man Wachtveitl glaubt: „Sagen wir so: Wenn der erste einen Rollator braucht, dann hören wir auf.“

ZU DEN PERSONEN

Miroslav Nemec (64) und Udo Wachtveitl (60) verkörpern seit 27 Jahren die Münchner „Tatort“-Kommissare Ivo Batić und Franz Leitmayr. Sie sind das zweitälteste Ermittlerteam, aber das mit den meisten Fällen. Am Sonntag läuft ihr 80. Fall (ORF2, 20.15 Uhr).

Am 8. Dezember sind sie gemeinsam auf der Bühne: Mit musikalischer Begleitung erzählen und spielen sie Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte in der Wiener Stadthalle (20.00 Uhr), Tickets (ab 54 Euro) via Ö-Ticket, Wien-Ticket und Stadthalle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2018)

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