Mörwald-Jubiläum: Stern und Tankstellenweckerln

Seit 30 Jahren im Geschäft: Toni Mörwald in seinem Sternerestaurant Le Ciel.
Seit 30 Jahren im Geschäft: Toni Mörwald in seinem Sternerestaurant Le Ciel. (c) Michele Pauty (Michele Pauty)
  • Drucken

Toni Mörwald über Strudelschulung für Chinesen, Zukäufe in seinem Heimatdorf und die kulinarische Bedeutung von Autobahnraststätten.

Ein winterlicher Mittag im Himmel – oder zumindest an jenem Ort, an dem man in Wien dem Himmel ein Stück näher ist, sei es, weil man im siebenten Stock des Grand Hotel schon recht weit oben ist, sei es, weil alles so schön golden glänzt oder weil im Le Ciel by Toni Mörwald Roland Huber durchaus himmlisch zu kochen weiß (weshalb über dem Lokal wieder ein Michelin-Stern funkelt).

Toni Mörwald ist hier auf seiner täglichen Tour de Cuisine, bei der er all seine Stationen abklappert (dabei gut 300 Kilometer verfährt und schon einmal tausend Löffel kostet), gerade angekommen. Er scherzt mit dem langjährigen Restaurantleiter, Simon Moser, verteilt „Falstaff“-Sonderausgaben zu seinem 30-Jahr-Jubiläum. So lang ist der Niederösterreicher schon im Geschäft, und weil er Anlässe wie diesen zu nutzen weiß, war sein Gesicht dieses Jahr noch ein bisschen öfter im ganzen Land zu sehen als sonst.

Zu seiner Präsenz trägt freilich auch bei, dass Mörwald, der auch schon für McDonald's Burger kreierte, seit dem Sommer für die OMV tätig ist. Erst am Vortag habe er wieder eine Sitzung gehabt, bei der es um neue Snacks gegangen sei. Braucht es einen Spitzenkoch, um anständige Tankstellenweckerln zu fabrizieren? Jedenfalls brauche es mehr Bewusstsein, meint Mörwald. Neben der Musik sei das Essen ein essenzieller Wert heimischer Kultur. Und als Tourismusland habe Österreich die Aufgabe, „sich dieser DNA zu widmen“.

„Was willst du noch erfinden?“

Umgekehrt, erzählt er bei trendiger Poke mit Rind und Rettich sowie Schweinsstelze mit Linsen und jungem Kraut, sei eben diese DNA im Ausland sehr gefragt. „Der ganze asiatische Raum sucht händeringend Know-how von uns, am liebsten würden sie unsere Fachkräfte mitnehmen.“ In seiner Kochschule bildet Mörwald etwa Chinesen aus. „Da kommen dann 20 Leute und werden auf Apfelstrudel und Kaiserschmarren geschult.“ Gleich als Nächstes habe er diesbezüglich einen Termin mit dem Vertreter einer Gruppe, die 8000 Hotels betreibt. Kurz zuvor war er, wie jede Woche, in Deutschland, wo es gerade um die Neuausrichtung eines Unternehmens geht.

Manchmal, sagt Mörwald, staune er selbst, was er heute alles macht. „Wie komm ich eigentlich zu dem Ganzen? Aber es macht mir Spaß, und ohne das Kochen wäre ich da nie hingekommen.“ Bleibt beim Fulltime-Job eines Managers denn noch Zeit für Gedanken eines Spitzenkochs? Täglich, meint Mörwald. In der Abstimmung mit seinen Mitarbeitern, denen er viel Freiheit zugestehe. Aber auch in jener Hälfte des Jahres, in der er auf Reisen ist. Es sei unglaublich, was sich in der Haute Cuisine entwickelt habe – vor allem in der Inszenierung. Weil: „Was willst du heute beim Kochen noch Großartiges erfinden? Aber wahnsinnig oft ist dabei der Geschmack auf der Strecke geblieben.“ Restaurants, in die er ein zweites Mal gehen würde, „das sind wenige“.

Wie auf seinen täglichen Touren legt Mörwald auch im Gespräch beträchtliches Terrain zurück. Vom Aufstehen um sechs Uhr Früh (mit den Fragen: Wie ist das Wetter? Und was würde ich heute gern essen? – Heute sei ein Würziger-Reis-Tag gewesen) geht es über schwierige russische Gäste und Juweliere aus Paris, die mit Kunden im Zug durch die ehemaligen Kronländer tingeln, zum Milchpreis und zu seiner Abneigung gegen Verpackung, schließlich zu seinem Bezug zu Lebensmitteln und Wertigkeiten (er selbst sei ja auf dem Bauernhof aufgewachsen, da wurden Erdäpfel ausgegraben, alle zwei, drei Wochen eine Sau abgestochen, mit diesem „Goldbarren“, vulgo Schweinefleisch, musste dann gewirtschaftet werden.)

Dort, am Wagram, verortet Mörwald auch seine zukünftigen Pläne. „Wir werden den Bereich Hotel in Feuersbrunn weiter ausbauen, wir haben da einige alte Bauernhäuser zusammengekauft und planen, das Ortszentrum zu beleben.“ Auch ein altes Kaufhaus zählt zu seinen Erwerbungen. Erst unlängst, an seinem monatlichen Kreativtag, an dem er im Freien sitzt und nachdenkt oder in seiner Büchersammlung stöbert, habe er dessen altes Kassabuch in den Händen gehabt. Unglaublich, meint er, was man einst beim Greißler alles kaufen konnte.

ZUR PERSON

Toni Mörwald (51) lernte bei Reinhard Gerer, wurde dann mit dem elterlichen Wirtshaus in Feuersbrunn mit Anfang 20 Österreichs jüngster Haubenkoch. Nach rascher Expansion und zwischenzeitlicher finanzieller Schieflage betreibt er heute neben dem Stammhaus u. a. die Taverne Schloss Grafenegg, das Le Ciel im Grand Hotel, das Kochamt, eine Kochschule und eine Cateringfirma.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.