Walk of Häme

Der Fußbal-GOAT

Warum der russische Präsident immerhin neben dem der FIFA glänzt.

Läuft für Wladimir Putin. Nicht nur, dass mit der Fußball-Weltmeisterschaft relativ kurz nach den Olympischen Spielen wieder ein nicht kleiner Teil der Weltöffentlichkeit gebannt nach Russland blickt (und einmal nicht wegen einer völkerrechtswidrigen Annexion); nicht nur, dass dann die Mannschaft des WM-Gastgebers das Eröffnungsspiel überraschend hoch mit 5:0 gewinnt (und nicht einmal der Verdacht im Raum steht, dass Gegner Saudiarabien geschmiert wurde, weil die das Geld wirklich nicht brauchen); sondern auch, weil der russische Präsident im Vergleich zu seinem Sitznachbarn beim ersten Spiel geradezu als Lichtgestalt und Sympathieträger durchgeht (ja, neben dem FIFA-Präsidenten Gianni Infantino fällt es immerhin wirklich schwer negativ abzufallen).

Bei der Eröffnungsfeier (kurzer Einschub: Diese Art von Eröffnungsfeiern von Sportgroßveranstaltungen mit ihrer verheerenden Mischung aus lokalem Kitsch und internationalem Pop, inszeniert in der Ästethik einer XXL-Kaufhauseröffnung, gehören zu den größten kulturellen Missverständnissen unserer Zeit; man möge doch bitte künftig ohne Vorgeplänkel einfach das erste Spiel anpfeifen! Einschub Ende) vor dem Match musste man sich allerdings kurz zwicken und auf den Kalender schauen, ob man sich da wirklich im Jahr 2018 befindet. Denn der – vorsichtig ausgedrückt – etwas aus der Mode gekommene Robbie Williams wäre eher bei der WM 2002 der passende Star für eine solche Veranstaltung gewesen.

Auch der Fußball-GOAT (nicht Gott, sondern Greatest of All Time, der kommt aus Argentinien und heißt natürlich nicht Messi) musste erkennen, dass sich die vielen 90 Minuten inzwischen auch schon zu Jahrzehnten summiert haben. Diego Armando Maradona hatte nämlich am Parkplatz Schwierigkeiten, weil er nicht gleich erkannt worden war.
Wer sich nicht für Fußball interessiert, aber beim kleinen Gespräch nicht gleich als Muffel auffliegen will, sollte übrigens vermeiden den Herzens-Favoriten Italien als Weltmeister-Tipp abzugeben. Die haben sich nämlich tatsächlich nicht qualifiziert, was wir immer noch nicht so richtig verwunden haben. Es gibt übrigens eine nicht kleine Gruppe (auch außerhalb Italiens), die meint, ohne eine Mannschaft aus Italien sind es auch keine echten Weltmeisterschaften.

Wladimir Putin gehört eher nicht dazu.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2018)

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