Shoeting Stars: Gut zu Fuß

Gesichtsfeld. Die Fotoarbeit „Mo With High Heel“ von Ivo Hofsté.
Gesichtsfeld. Die Fotoarbeit „Mo With High Heel“ von Ivo Hofsté.(c) Ivo Hofsté
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Das liebste Modeobjekt von Ausstellungsmachern ist zweifellos der Schuh. Das Kunsthaus Wien versammelt nun eine Vielzahl experimenteller Ansätze.

Putzig. Besenschuhe „Brooms“ von der Designerin Sol Alonso.
Putzig. Besenschuhe „Brooms“ von der Designerin Sol Alonso.(c) David Collart
Schwungvoll. Die „Conjoined Illusion A“ von Carolin Holzhuber.
Schwungvoll. Die „Conjoined Illusion A“ von Carolin Holzhuber.(c) Carolin_Holzhuber

Tipp

So ein beliebtes Museumsobjekt wie den Schuh hat die Modewelt wohl kein zweites Mal im Angebot. Schließlich ist nur schwer vorstellbar, dass eine ausschließlich der Bluse oder dem Blazer, ja nicht einmal eine der Handtasche gewidmete Ausstellung sich als Publikumsmagnet entpuppen könnte. Mit extravagantem oder gar künstlerisch wertvollem Schuhwerk verhält es sich indessen anders.

Das zumindest lässt sich aus der Tatsache ablesen, dass es der einschlägigen Schauen gar nicht so wenige gibt. Zuletzt dachte etwa das New Yorker Fashion Institute of Technology über „Shoe Obsession“ nach, das Joanneum in Graz zeigte „Schuhe mit Geschichten“, und das Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig versammelte unter dem Titel „Starker Auftritt“ Positionen aus dem experimentellen Schuhdesign. 

Die Faszination für das fußnahe Aufregerobjekt hat mehrere Ursachen: Die Grundform ist ja recht frei abwandelbar, woraus sich fantasievolle Gebilde mit – zumindest vagem – Alltagsnutzen ergeben. Zudem ist der Schuh als libidostimulierendes Fetischobjekt auch in der Geschichte der Sexualität kein unprominenter Akteur. Und zum Dritten entfaltet der Schuh in seinen extremeren Ausformungen wohl eine Art von Transferwirkung, indem er dem Menschenkörper, an dem er angebracht wird, selbst skulpturalen Charakter zu verleihen vermag.

Nicht zum Tragen gemacht.
Von der Ausstellung im Leipziger Grassi Museum mit Fokus auf experimentelles Schuhdesign ließ sich die Münchner Kuratorin Brigitte Woischnik zu einer neuen Arbeit anregen: Sie hat für das Kunsthaus Wien die demnächst startende Schau „Shoeting Stars“ zusammengestellt. Ausgangspunkt war zwar die Zusammenstellung von Exponaten des Grassi, zusätzlich wurden aber neue Themenschwerpunkte erarbeitet. Als Ko-Kuratorin fungierte Liza Snook, die das niederländische „Virtual Shoe Museum“ leitet.

„Das Grassi Museum ist ausdrücklich der angewandten Kunst gewidmet“, führt Brigitte Woischnik aus. „Im Kunsthaus Wien ist ein anderer Ansatz vonnöten; hier soll freier mit dem Thema umgegangen werden.“ Wichtig ist der Kuratorin freilich die Schwerpunktsetzung auf experimentelles Design: „Ich würde sagen, 95 Prozent dieser Schuhe kann man gar nicht anziehen.
Beziehungsweise, je größer das Experiment, desto geringer die Tragbarkeit.“ Und doch möchte Woischnik nicht, dass man ihren kuratorischen Ansatz oder die Schwerpunktsetzung der Ausstellung missversteht und in Richtung künstlerischer Auseinandersetzungen mit dem Objekt Schuh umdeutet. „Es gibt zwar zwischendurch Kunstinstallationen zu sehen, aber am Thema ,Schuh in der Kunst‘ wollte ich dezidiert nicht anstreifen.“
Selbst wenn die Kuratorin auf diesem Unterschied besteht, geht aber eine Arbeit wie „Queen of the Night“ der finnischen Künstlerin Kaarina Kaikkonen sehr einfühlsam an den Schuh als autobiografisch-emotionales Versatzstück heran: Kaikkonen zerschnitt Ballschuhe ihrer verstorbenen Mutter und arbeitete die Fragmente zu filigranen, an Insekten erinnernden Objekten um, die nebeneinander an einer Wand angebracht werden. Von auch noch so experimentellem Design kann in so einem Fall nicht die Rede sein.

Lokalmatadore. Insgesamt werden im Kunsthaus um die 200 Exponate auf zwei Stockwerken zu sehen sein, darunter auch Fotografien von Guy Bourdin für Charles Jourdan und die Diplomarbeit von Deborah Sengl, der „Unschuh“ aus dem Jahr 1997. Gemeinsam mit Künstlerinnen wie Irene Andessner und Birgit Jürgenssen oder der Designerin Carolin Holzhuber gehört Deborah Sengl zu dem neu konzipierten Österreich-Schwerpunkt der „Shoeting Stars“.

Die Direktorin des Museums, Bettina Leidl, unterstreicht gegenüber dem „Schaufenster“: „Die Verbindung zu Österreich war mir wichtig; diese Schwerpunktsetzung habe ich mir in der Endphase der Ausstellungsvorbereitung erbeten.“ Als Leidl das Kunsthaus übernahm, waren die „Shoeting Stars“ ja schon eine weitgehend beschlossene Sache – die erste von ihr konzipierte Ausstellung soll im Frühling 2015 eröffnen. Ob es weiterhin so starke Designakzente geben wird wie bei dieser Schau oder anderen, oft über den Umweg der Fotografie auf die Modewelt rekurrierenden Ausstellungen, möchte Bettina Leidl noch nicht verraten. Eine Pressekonferenz über die Ausrichtung des Hauses unter ihrer Leitung ist aber für den Spätsommer geplant. Bis dahin kann somit noch mindestens ein Paar Schuhe ausgiebigst eingetragen werden.

„Shoeting Stars“. Über 200 Exponate zum Thema experimentelles Schuhdesign zeigt das Kunsthaus Wien ab 18. Juni, www.kunsthauswien.com

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