Fendi: Modernes Mäzenat

Bewegt. Die Gruppe „Der Raub der Proserpina“ von Gian Lorenzo Bernini.
Bewegt. Die Gruppe „Der Raub der Proserpina“ von Gian Lorenzo Bernini.(c) Ministero dei Beni Culturali
  • Drucken

Eine neue Partnerschaft mit der Galleria Borghese festigt den Ruf des Maison Fendi als großzügiger Patron der Kulturlandschaft Roms.

Auf Namedropping ist die Modewelt bekanntermaßen abonniert: Prominente besiedeln Frontrows und lächeln von Anzeigen, Social-Media-Celebrities mit Millionen Anhängern treten in heiteren Imagefilmchen auf: Eine Strategie, der auch die römische Luxusmarke Fendi nicht abhold ist. Die letzten Neuzugänge auf der Liste berühmter „Freunde des Hauses“, wie es im branchenüblichen Sprech so schön heißt, spielen jedoch in einer nochmals anderen Liga. Michelangelo Merisi da Caravaggio und Gian Lorenzo Bernini sind es nämlich, die nunmehr eng in Verbindung mit Fendi gebracht werden sollen. Möglich wird dieses Defilee der kunsthistorischen Prominenz durch eine enge Partnerschaft mit der Galleria Borghese, die Ende 2017 gestartet wurde.

Versonnen. Einer von sechs Caravaggios in der Galleria: Johannes der Täufer.
Versonnen. Einer von sechs Caravaggios in der Galleria: Johannes der Täufer.(c) Ministero dei Beni Culturali

Wissensproduktion als Mission. Bernini, wichtigster Barock-Bildhauer Roms, der nicht nur Schöpfer einer Vielzahl von Skulpturen im Besitz der Galleria Borghese, sondern auch der Fontana dei Quattro Fiumi an der Piazza Navona ist, ist eine noch bis Ende Februar laufende Retrospektive gewidmet, bei der erstmals Fendi als Partner des Museums aufgetreten ist. Das zweite Kapitel der Kooperation hatte einen nicht minder klingenden Protagonisten: Im Getty-Museum in Los Angeles wurden drei der insgesamt sechs Caravaggio-Gemälde aus der Sammlung des Museums gezeigt. Mit dieser Leihgabe zelebrierte man zugleich den Start des – ebenfalls von Fendi kofinanzierten – „Caravaggio Research Institute“, das Anna Coliva, Direktorin der Galleria Borghese, besonders am Herzen liegt.

„Ein Museum produziert nicht Kultur; ein Museum produziert Wissen“, unterstrich Frau Coliva gegenüber dem „Schaufenster“ vor der Eröffnung der Bernini-Retrospektive. Als Leiterin eines der nach der Museumsreform durch Kulturminister Franceschini als solche deklarierten „Supermuseen“ hat Coliva die Möglichkeit, mit Partnern aus der Privatwirtschaft autonom zu agieren und ihre Geldmittel frei zu verwalten. Wegen ihres Bekanntheitsgrades als Museum inmitten der idyllischen, zentralen Villa Borghese kann die Galleria Borghese ohnehin nicht über mangelndes Interesse durch ein kunstaffines Publikum klagen.

Im Fluss. Die Fontana dei Quattro Fiumi von Bernini wurde dank Fendi restauriert.
Im Fluss. Die Fontana dei Quattro Fiumi von Bernini wurde dank Fendi restauriert.(c) Fendi

Doch ist Anna Coliva dafür bekannt, sich gegen den Zwang zu „Blockbuster-Ausstellungen“ auszusprechen. „Darum war mir auch sehr daran gelegen, einen Partner zu finden, der nicht nur auf der Ebene von Ausstellungsorganisation und Veranstaltungsplanung mit uns zusammenarbeitet, sondern der uns auch bei anderen Vorhaben unterstützt“, so Anna Coliva. „Das betrifft eben ganz besonders die Forschung, die wir ebenfalls vorantreiben wollen, weil dies der Mission eines Museums wie der Galleria Borghese entspricht.“

Auf offene Ohren ist Coliva mit ihren Anliegen beim scheidenden Präsidenten von Fendi, Pietro Beccari, gestoßen. „Auch in unserem Bereich ist die Forschung die Grundlage jeder Innovation, darum verstehe ich das Anliegen der Galleria Borghese sehr gut. Der Anspruch von Anna Coliva, mit einem Forschungszentrum zu Caravaggio die Bedeutung des Museums zu unterstreichen, findet unsere volle Unterstützung“, bekräftigte Beccari gegenüber dem „Schaufenster“.

Visionär. Nach fünf Jahren als CEO  von Fendi geht Pietro Beccari zu Dior.
Visionär. Nach fünf Jahren als CEO  von Fendi geht Pietro Beccari zu Dior.(c) Fendi

Ein Faible für Hochkultur. Die Annäherung des Unternehmens Fendi an das Museum in der Villa Borghese fand vor etwas mehr als einem Jahr auf Betreiben von Kulturminister Dario Franceschini statt. Um die Vorlieben des kunstsinnigen Wirtschaftstreibenden Pietro Beccari wissend, schlug Franceschini ihm zunächst „in einem privaten Gespräch“ vor, mit Fendi die Patronanz eines römischen Museums zu übernehmen: „Und zwar eben nicht irgendeines Museums, sondern der Galleria Borghese, die wegen ihres Profils perfekt zu unseren Aktivitäten der vergangenen Jahre in Rom passt“, so Beccari.

Neben der nunmehr für drei Jahre abgeschlossenen Partnerschaft mit der Galleria Borghese (ein vom Ministero dei Beni Culturali eingeführter „Art Bonus“ sieht diesen Zeitraum für die steuerliche Begünstigung derartiger Aktivitäten vor) trat Fendi in der seit 2012 andauernden Ära Beccari etwa als Geldgeber von Restaurierungsarbeiten der Fontana di Trevi hervor. Auch Berninis Fontana dei Quattro Fiumi konnte mit Unterstützung des Unternehmens renoviert werden. Dieses Engagement im kulturellen Bereich spiegelt die Überzeugung von Beccari wider, dass eine Luxusmarke über das Portfolio der angebotenen Produkte hinaus eine Geschichte zu erzählen hat. Die Betonung der seit jeher starken Verbindung von Fendi zur Stadt Rom stand im Zentrum dieses Bemühens.

Kurz nach Eröffnung der Bernini-Retrospektive in der Galleria Borghese wurde bekannt, dass LVMH-Chef Bernard Arnault in einem Aufsehen erregenden Schachzug Beccari von Rom nach Paris an die Spitze des Fendi-Schwesterunternehmens Dior holen würde. An dem Narrativ „Fendi è Roma“ wird sich dadurch wohl in absehbarer Zukunft kaum etwas ändern. Wie der talentierte Kommunikator Beccari die Geschichte „Dior, c’est Paris“ neu wird erzählen können, ist eine der spannenderen Modeangelegenheiten des neuen Jahres.

Der Autor reiste auf Einladung von Fendi nach Rom.

Pietro Beccari: Ein Herz für Rom

Der Geschichtenerzähler. In einem Interview mit der „Presse am Sonntag“ sagte Fendi-CEO Pietro Beccari einst über seine Beweggründe, das Logo der Marke nach seinem Amtsantritt zu verändern und die Stadt Rom in den Namen zu schreiben: „Wenn ich jemandem in Chongqing unser Logo mit ,Fendi Roma‘ zeige, dann habe ich ihm schon etwas über uns erzählt, noch ohne ein Wort gesagt zu haben.“ Es ist eben dieses kommunikative Feingefühl, dem die Marke Fendi während der fünfjährigen Führung durch Beccari einen unglaublichen Höhenflug zu verdanken hat.

Umfassende Tätigkeiten im kulturellen Bereich stellten dabei eine wichtige Säule in Beccaris Strategie dar: Man finanzierte die Restaurierung der Fontana di Trevi – und zeigte inmitten des Brunnens eine Haute-Fourrure-Kollektion. Der imposante, noch von den Faschisten geplante Palazzo della Civiltà Italiana im EUR-Viertel wurde zum Firmensitz, und vor dem Palazzo Fendi an der Via del Corso errichtete man zuletzt eine Skulptur von Giuseppe Penone – eines der wenigen Beispiele zeitgenössischer Kunst am Bau in der Stadt. So ist es Pietro Beccari immer wieder von Neuem geglückt,

Fendi und Rom miteinander zu verweben und im Bewusstsein aufmerksamer Beobachter zur harmonischen Einheit werden zu lassen. Eine gute Hand für Produktentwicklung zeigte er ebenfalls: Wie Beccari immer wieder gern betonte, war ihm selbst die Idee zu wechselnden Taschengurten, den „Bag Straps“ von Fendi, gekommen. Gegenüber dem „Corriere della Sera“ gab er sich zuversichtlich, was seine Versetzung zu Dior nach Paris betrifft, und hielt doch fest: „Karl Lagerfeld ist wegen meines Weggangs traurig, ebenso wie Silvia Fendi. Diese Periode bei Fendi wird für mich einzigartig bleiben.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.