Eine Knolle, die viel kann

Ein gutes Mittel, der Winterverkühlung vorzubeugen: Ingwertee.
Ein gutes Mittel, der Winterverkühlung vorzubeugen: Ingwertee.(c) Getty Images/EyeEm (Johannes Bohn / EyeEm)
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Die Heilpflanze des Jahres 2018 ist der Ingwer. Er ist entzündungshemmend und hilft gut gegen Übelkeit. Weniger bekannt ist indes die Arzneipflanze des heurigen Jahres: der stattliche Lippenblütler Andorn.

Der lästigen Winterverkühlung vorbeugen? Eine Möglichkeit dazu: Ingwerwurzel aufschneiden, mit kochend heißem Wasser übergießen, ca. fünf bis zehn Minuten ziehen lassen, Tee trinken. Als gutes Mittel zur Erkältungsprävention empfiehlt den Tee unter anderem Rudolf Bauer. Der Vorstand des Instituts für pharmazeutische Wissenschaften an der Universität Graz hebt auch gern die entzündungshemmende Wirkung des Ingwers hervor.

Nicht umsonst wurde die Knolle vom Verein NHV Theophrastus in München zur Heilpflanze des Jahres 2018 gewählt. Die Scharfstoffe von Zingiber officinale sind unter anderem keimtötend und können solchermaßen Viren, Pilze und Bakterien effektvoll bekämpfen. Vor allem die „Gingerole“ genannten Inhaltsstoffe machen Ingwer zu einem nebenwirkungsfreien „Breitbandantibiotikum“. Eine antibakterielle Wirkung können schon zwei bis vier Gramm haben, mehr darf's natürlich sein.

Senkt Blutzuckerspiegel. Die Scharfstoffe aber können noch mehr: Sie sind durchblutungsfördernd und nützen unserem Immunsystem. Ihren positiven Einfluss auf den Blutzuckerspiegel streicht Kornelia Seywald, Präsidentin der Salzburger Apothekerkammer, hervor. „Auch Cholesterin wird gesenkt, allerdings entstammt das der Erfahrungsheilkunde, wissenschaftliche Belege gibt es dazu keine.“

Ingwerliebhaber wissen nicht nur die aromatische Seite der Gewürzpflanze zu schätzen, sondern auch die Tatsache, dass sie Stoffwechsel und Verdauung ordentlich in Schwung bringen kann. Auch schmerzstillende Eigenschaften werden dem Ingwer nachgesagt. Mitunter wird sogar behauptet, dass seine Polyphenole vor Ablagerungen von Plaques im Gehirn schützen könnten. Doch das ist wissenschaftlich keineswegs erwiesen.

Besser untersucht und belegt ist hingegen die antiemetische Wirkung. „Es ist erwiesen, dass Ingwer gegen Erbrechen und Übelkeit hilft. Dazu gibt es eine gute Studienlage“, sagt der emeritierte Professor für Pharmakognosie Wolfgang Kubelka. Ingwerwirkstoffe mildern Übelkeit sowohl in der Schwangerschaft als auch bei Chemotherapie oder nach Operationen. Auch bei der Reisekrankheit schaffen die Inhaltsstoffe Erleichterung im Auto, Flugzeug oder auf See, sie wirken aber auch präventiv. „Als unser Sohn Christoph vier, fünf Jahre war, haben wir ihm bei Segelferien immer kandierten Ingwer gegeben. Das hat ihm geschmeckt und seine Übelkeit bekämpft“, erzählt Brigitte Kopp, Professorin am Departement für Pharmakognosie der Universität Wien.

Sie rätselt wie andere Wissenschaftler, warum eine Arbeitsgruppe der Universität Würzburg den eher unbekannten Andorn zur Arzneipflanze des heurigen Jahres machte. Um den stattlichen Lippenblütler aus der Vergessenheit zu holen, in die er zu Unrecht geraten ist, begründen die Würzburger.

Weitgehend unbekannt. Früher war Marrubium vulgare eine der beliebtesten Heilpflanzen Europas, heute ist sie in der Öffentlichkeit jedoch weitgehend unbekannt und wegen ihrer schleimlösenden Wirkung in (einigen wenigen) Hustensaftmitteln enthalten. Die Bitterstoffdroge kann zwar auch den Gallenfluss fördern und damit die (Fett-)Verdauung. Dieses Wissen basiert allerdings auf der traditionellen Anwendung, es sind kaum Daten aus kontrollierten klinischen Studien publiziert. Andorn spielt in Österreich ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zum Trendgewürz Ingwer, das heute schon bei jedem Discounter erhältlich ist und das auch die gestrenge Ages (österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) als interessantes Lebensmittel bezeichnet. „Ingwer kann Speisen bekömmlicher machen und im Winter wärmen.“

HEILENDE SUPPE

Gerade in der aktuellen Grippesaison ist die chinesische Hühnerkraftsuppe empfehlenswert. Sie soll das Immunsystem stärken und dient damit der Prävention, sie eignet sich aber auch zum körperlichen Aufbau nach überstandener Krankheit. Hier ein Rezept aus dem rechts vorgestellten Buch „Healing Kitchen für den modernen Alltag“.

Zutaten für 8 bis 12 Portionen:
1 Bio-Suppenhuhn, je 3 orangefarbene und gelbe Karotten, 1 Stück Sellerieknolle, 1 Bund Petersilie, 1 Thymianzweig, 1 Stück frischer Ingwer, 5 Wacholderbeeren, 5 Pimentkörner, 2 Lorbeerblätter, Salz, 3 bis 4 Liter Wasser.

Zubereitung: Huhn, Gemüse, frische Kräuter und Ingwer waschen und zusammen mit den übrigen Zutaten in kaltem Wasser ansetzen und einmal aufkochen lassen. Die Hitze reduzieren, chinesische Kraftsuppenkräuter (am besten in einem Teefilter; erhältlich sind diese speziellen Kräuter in einer TCM-Apotheke) beifügen und alles bei niedriger Hitze 3 bis 6 Stunden köcheln lassen.

Nicht mitessen. Gemüse und Hühnerfleisch in der Suppe können natürlich mitgegessen werden. Alle wertvollen Inhaltsstoffe sind allerdings ausgekocht und in die Suppe übergegangen. Daher ist es ratsam, diese Zutaten wegzugeben und frisches, klein geschnittenes Gemüse kurz im Suppenfond garen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2018)

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