Warten auf den Wasserrohrbruch

(c) Clemens Fabry
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Gutachten hatten auch schon einmal einen besseren Ruf. Nicht wegen der Birnbacher-Sache. Wegen des Abstellkammerls.

Gutachten hatten auch schon einmal einen besseren Ruf. Nicht wegen der Birnbacher-Sache. Wegen des Abstellkammerls. Das hat nämlich seit einiger Zeit eine nasse Wand, und weil das kein echter Rohrbruch ist, also keine Gefahr in Verzug, bleibt viel Zeit fürs Begutachten. Ein paar Tage nach (leicht hysterischer) Meldung des Schadens kommt ein Experte einer Wasserschadenfirma vorbei, der die Wand eine Viertelstunde lang anschaut. Könnte sein, dass das Wasser vom angrenzenden Bad reinrinnt, weil dort die Silikonfugen undicht sind, sagt er. Könnte aber auch sein, dass in der Wand eine Leitung leck ist.

Zwei Thesen, die unsere Laienvermutung voll bestätigen: Da rinnt irgendwo Wasser aus. Was wir tun sollen? Vorerst einmal nichts, meint er. Er schreibt jetzt einmal ein Gutachten für die Hausverwaltung. Das wird zwei, drei Wochen dauern, kein Stress, Wiederschaun. Drei, vier Wochen später kommt ein Sachverständiger einer Versicherung und macht Fotos von der Wand. Was den Schaden wohl verursache, frage ich. „Da wird wohl was ausrinnen“, sagt er. Ob wir irgendetwas tun sollten, die Silikonfugen erneuern vielleicht? „Ach nein“, sagt er. Er schreibt jetzt einmal ein Gutachten, das wird ein paar Wochen dauern, danke, Wiedersehen.

Ein paar Tage später ruft die Wasserschadenfirma an. Ich: „Es war doch schon einer Ihrer Mitarbeiter da.“ Er: „Das war der Wasserschadenbegutachter. Jetzt kommt der Trockenleger.“ Ich: „Müssen wir das Kammerl leer räumen?“ Er: „Das wird nicht nötig sein.“ Ich: „Aber wie soll der Trockenleger dann trockenlegen?“ Er: „Vorerst gar nicht, er kommt einmal vorbei und schreibt dann ein...“ Genau. Wir warten jetzt noch auf den Wandfarbenbegutachter und den Badewannensilikonanalysten, dann wird die Ursache für die nasse Wand bald gefunden sein. Das Honorar – wir nähern uns der Birnbacher'schen Dimension – werden sich die Herren aber bitte teilen müssen.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2012)

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