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Stell dir vor, es fließt Strom, und keiner fährt hin!

Stromtankstelle: Handelskai, Ecke Innstraße.
Stromtankstelle: Handelskai, Ecke Innstraße. (c) Wolfgang Freitag
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Der „Tower of Power“ am Handelskai: Tanken einmal anders – ohne Benzin- und Dieselduft.

Der elektrische Strom – wir erfahren es von Kindesbeinen an – kommt bekanntlich aus der Steckdose. Weshalb wir uns ganz und gar unbeschwert auf die unzweifelhaft nahenden elektrifizierten Automobilzeiten freuen dürfen. Schließlich ist ja elektrische Energie an sich – wie oft betont – eine rundum saubere Sache. Wer hätte je Schmutz aus seiner Steckdose bröseln gesehen? Dass weltweit noch immer knapp zwei Drittel der Stromproduktion auf fossilen Energieträgern (Erdgas, Erdöl, Kohle) basieren, weitere zwölf Prozent auf Kernenergie, dass also der Anteil erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung kaum mehr als ein Fünftel ausmacht? Mein Gott, man kann sich schließlich nicht um alles kümmern.

Die Stromtankstelle am Wiener Handelskai, Ecke Innstraße, vor wenigen Wochen erst eröffnet, macht kein Hehl aus ihrer jedenfalls formalen Verwandtschaft mit ihren Benzin- und Dieselschwestern. Ein Turm, ein Flugdach, eine Zapfsäule: Der „Tower of Power“ dünkt wohlvertraut, nur dass eben aus der Zapfsäule keine brennbare Flüssigkeit, sondern Strom fließt. Der allerdings, womit wir zur erfreulichsten Seite der Tankstellenangelegenheit kommen, wird primär von den Solarzellen geliefert, die auf dem Flugdach montiert sind, was dessen Kontur wiederum ihr energetisches Zickzack verschafft. Nur bei Engpässen soll Strom zugeliefert werden, Überschüsse wiederum werden ins Netz eingespeist.

Ein Lokalaugenschein an einem strahlenden Sommermorgen lässt vermuten, dass die Stromtankstelle gegenwärtig viel einzuspeisen hat: kein Stromtankender weit und breit. Verwaist liegen die vier Fahrrad- und vier Automobiltankplätze in der Brigittenauer Sonne. Und der einzige Strom, der hier gegenwärtig von Bedeutung ist, fließt nebenan: der Donaustrom.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2017)

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