Mein Samstag

Gier – ein zeitloser Antrieb

Tulpenfieber
Tulpenfieber(c) Thimfilm
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Schon erstaunlich, dass es angesichts der seit 2008 anhaltenden Weltwirtschaftskrise und Dutzender Filme zum Thema so lang gedauert hat, bis die sogenannte Tulpenmanie verfilmt wurde.

„Tulpenfieber“ (seit vergangener Woche im Kino) heißt das Drama mit Christoph Waltz und Alicia Vikander in den Hauptrollen und behandelt die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Geschichte. Und die hat es in sich.

Im 17. Jahrhundert stiegen die Preise für Tulpenzwiebeln, die sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts zunächst zu einem Liebhaberobjekt entwickelt hatten, innerhalb weniger Jahre in unvorstellbare Höhen, ehe sie plötzlich wieder einbrachen. Die typische Spekulationsdynamik also, die in den USA zuletzt etwa auf dem Immobilienmarkt deutlich zu beobachten war. Einigen kommt der Begriff der Tulpenmanie vielleicht bekannt vor, Michael Douglas erwähnt sie in einer Szene von „Wall Street: Geld schläft nicht“ (2010), der Fortsetzung des Welthits „Wall Street“ aus dem Jahr 1987. Darin bemüht er dieses Beispiel, um zu verdeutlichen, dass die Menschen nie aufhören werden zu spekulieren, solange sie Menschen sind. Was sie zu Menschen macht? Seiner Meinung nach vor allem die Gier. Ganz falsch ist diese These wohl nicht, wenn man bedenkt, dass wieder eifrig für den Kauf von Aktien geworben wird.

Dabei ist es keine zehn Jahre her, dass die als Finanz- bzw. Bankenkrise begonnene Wirtschaftskrise praktisch jeden von uns mehr oder weniger hart getroffen hat und deren Auswirkungen bis heute – unter anderem durch extrem niedrige Sparzinsen – zu spüren sind. Oft sind es sogar dieselben Leute, die dieselben Produkte anbieten, mit denen sie ihren Kunden damals herbe Verluste beschert haben. Die Ironie: Diese Kunden sind zumeist auch dieselben von damals. Tja, die Gier. Etwas subtiler kommt sie im Übrigen in einer weiteren Szene von „Wall Street: Geld schläft nicht“ zur Sprache. Als der Broker Josh Brolin gefragt wird, wann er vorhabe, mit dem Spekulieren aufzuhören, versteht er zunächst die Frage nicht. Nach welcher Summe er strebe, will Shia LaBeouf von ihm wissen. Seine Antwort: „Nach mehr.“

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2017)

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