Vor dem Alzerl ist nach dem Alzerl, aber nur um ein Alzerl

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Themenbild: Alz(c) APA/Matthias Balk
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Wer ein Äutzerl in den Mund nimmt, weiß meist gar nicht, wo es vorher schon überall gesteckt hat.

Die Alz ist der Abfluss des Chiemsees. Sie mündet nach 63 km bei der Alzspitze, etwa 2,5 km nordwestlich von Marktl, in den Inn. Sollte dieses bayerische Fließgewässer einmal nur wenig Wasser führen, könnte man doch das Diminutiv auspacken und ein Alzerl daraus machen. Ha, das Wort kennt man als Ostösterreicher! Allein, diese Assoziation ist ein etymologischer Trugschluss. Zurück zum Start. Denn vor dem Ratespiel ist nach dem Ratespiel. Das ist übrigens auch so eine Redewendung, die man eigentlich bleiben lassen könnte – in die eine wie in die andere Richtung. Nach dem Klo ist vor dem Klo, oder so. Bevor man diese abgegriffene Phrase auspackt, sollte man vielleicht ein Alzerl länger über eine Alternative nachdenken. Oh, da war es schon wieder. Also gut, woher kommt das Wort? Nun, in Wien sagt man ja eigentlich Äutzerl, also wäre der erste Schritt, sich einen Autz vorzustellen, den man dann verkleinern kann. Allein, der steht seit geraumer Zeit mit grimmigem Blick vor der Tür und weigert sich, in die Denkstube zu kommen. „Es gibt mich gar nicht“, jammert er. Und auch Eitz und Eutz schütteln bedauernd den Kopf – die bildet man sich nämlich auch nur ein.

Also landet man am Ende doch wieder beim Alz. Der hat es sich gerade auf einem Schuhleisten bequem gemacht und beginnt, mit italienischem Akzent zu sprechen. Er heiße eigentlich Alzo, erzählt er, und sei ein Stück Leder, das den Schuh ausfüllt. Als sprachlicher Einwanderer habe er es im Deutschen zum Alz gebracht, einer Lederauflage auf den Schuhleisten. Und da er so klein sei, habe man eben das Alzerl aus ihm gemacht. O dio mio! Zwar verwende ihn jeder, klagt er, doch will er einmal einen Tisch reservieren, steht auf dem Kärtchen dann immer „Äultzerl“, „Eitzerl“ oder ähnlicher Unfug. Apropos Unfug, diese Geschichte stimmt wirklich. Na ja, zumindest steckt ein Alzerl Wahrheit drin . . .

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2017)

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