Mein Dienstag

Alte Serien

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Meine Generation ist mit Serien aufgewachsen, die zielgerichtet an der Realität vorbeigeschrammt sind.

Es gibt Filmszenen, die man als Kind oder Jugendlicher gesehen hat, und die sich für immer ins Gehirn eingebrannt haben, ohne jedoch irgendeiner Einbrennungslogik zu folgen. Zum Beispiel kann ich mich sehr gut an eine Szene erinnern, in der Terence Hill in einer Wüste ein Ei auf einem heißen Stein brät. Ich weiß nicht, welcher Film das war, worum es ging, ich bin mir nicht einmal sicher, ob es sich bei Terence Hill um Terence Hill handelte. Aber dieses geschirrlose Braten, das fand ich einfach nur brillant, vielleicht deswegen, weil Pfannen in einem türkischen Haushalt eine identitätsstiftende Rolle zukommt, sind sie doch dem Klischee entsprechend ständig im Einsatz.

Meine Generation ist mit Serien aufgewachsen, die zielgerichtet an der Realität vorbeigeschrammt sind. In „Dawson's Creek“ haben 16-Jährige ihre eigene Gefühlswelt von der Metaebene aus betrachtet und tiefsinnige Gespräche darüber geführt, in „Baywatch“ war niemand mies gelaunt, obwohl der Ozean voller durchgeknallter Fische ist, und, mein Gott, die Gruseltypen vom „A-Team“ oder Al Bundy, dieser alte Schmock!

Türkische Serien waren sogar eine Spur schräger, mir kommt vor, die haben sich ein bisschen mehr in Richtung Aktionskunst getraut. Zum Beispiel „Uzaylı Zekiye“, wörtlich übersetzt: Zekiye, die Außerirdische. Die naive Zekiye war aber gar nicht aus dem All, sie besaß aufgrund eines Fehlers von Wissenschaftlern (?) übersinnliche Kräfte und konnte, wenn es die Situation erforderlich machte, superintelligent werden, dann bekam sie rote Augen, und die Kamera wackelte unnatürlich dazu. Das Mädchen Zekiye wurde übrigens von einer damals knapp 50-Jährigen gespielt. Es war alles sehr unterhaltsam.

Heute holen aufwendig produzierte Politthriller die Realität ein („Homeland“!). Von Ärzten höre ich, dass Serien wie „Emergency Room“ ihren Alltag korrekt reflektieren würden, wohingegen Vollblutjuristen wie Kollege P. regelmäßig gegen Rechtsserien lobbyieren, weil man da ohne Durchsuchungsbefehl in Wohnungen reinkommt oder sich von aggressiven Polizisten ohne Anwalt befragen lässt. Mit dem rede ich nicht mehr über Netflix.

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

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