Der Naseweis gibt schon mal den Rotzlöffel ab

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Messer und Gabel spielen bei der abwertenden Bezeichnung von Kindern eher keine Rolle.

Den Rotzlöffel abzugeben gilt mitnichten als eine etwas vornehmere Art der Rückmeldung aus dem Krankenstand. Zwar hat man unzählige Male Honig, Hustensaft und heiße Hühnersuppe auf Löffeln zu sich genommen. Doch die Assoziation, damit Sekret aus der Nase zu löffeln, ist dann doch etwas verwegen. Und nein, auch Messer und Gabel sind fehl am Platz, selbst wenn das Nasensekret in seiner verfestigten Form (man spricht dann von „Borke“) vorliegt. Im Zweifelsfall also einfach „Ich bin wieder gesund“ sagen, um nicht in der Personalabteilung als Rotzbub zu gelten. Von einem solchen wurde einst – sagt das heute noch jemand? – im Zusammenhang mit einem vorlauten Buben gesprochen, der als erwachsen gelten will, dem aber noch der Rotz aus der Nase hängt. Eine Rotznase, quasi. Oder ein Rotzlöffel, womit wir bei der Auflösung sind, dass der darin genannte Löffel auch mit dem Laffen verwandt ist – sagen Sie jetzt nicht, dass Sie diese abwertende Bezeichnung für einen Gecken nicht im aktiven Wortschatz haben! Wie auch immer, dieser eitle Mensch geht vermutlich auf das mittelhochdeutsche laffen zurück, was so viel wie lecken bedeutet – und am Ende natürlich auch wieder mit dem Löffel verwandt ist. Lecker, nicht?

Als spöttische Bezeichnung für altkluge Kinder (eigentlich ein Paradoxon, oder?) kennt man auch den Begriff Naseweis. Was eigentlich im Mittelhochdeutschen bedeutete, dass man (an sich Hund, aber auch Mensch) einen feinen Geruchssinn hat. Doch diese Kundigkeit des Riechorgans wurde dann auch dafür gebraucht, dass jemand seine Nase in alles steckt. Und endete schließlich im spöttischen Gebrauch für den Altklugen. Diesen Ruf hat man übrigens auch, wenn man jedes Wort immer zerlegen will und seinen Lesern damit auf die Nerven geht. Aber zum Glück bin ich ja krank und lasse die Kolumne diesmal einfach ausfallen.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2018)

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