Mein Samstag

Klimt und die Braut

Eine kleine Tradition will es, dass wir jedes Jahr zu meinem Geburtstag ein Museum besuchen. Diesmal waren wir im Kunsthistorischen, wo ich dem Kind die großartige „Stairway to Klimt“-Sache zeigen wollte.

Falls Sie nicht wissen, wovon ich rede: Anlässlich des Klimtjahres wurde in der Eingangshalle des KHM ein Stiegenhaus bis (fast) zur Decke errichtet: Auf einer Brücke kann man so den vom jungen Klimt gestalteten Bilderzyklus in den Arkaden aus nächster Nähe sehen. So eine Brücke eignet sich natürlich nicht nur zur Kunstbetrachtung, sondern auch für lustige Selfies in luftiger Höhe. Manche Besucher lehnen auch am Geländer und tratschen über Alltagsdinge („Hast du für Sonntag schon reserviert?“). Ein Mann neben mir kommentiert Klimts Werke mit einem „Jo, hat er gut g'macht“, ehe er sich dem Abstieg widmet. Hat er gut g'macht, der Klimt!

Auch das Kind ist von Klimt begeistert, bis es unten ein Brautpaar entdeckt, das zum Fotoshooting ins Museum gekommen ist. Da kann Klimt dann über die Sekunde einpacken, und zwar nicht nur beim Kind: Zahlreiche Besucher richten Augen und Handykamera sogleich auf das Brautpaar und während ich noch rätsle, was man mit dem Foto eines völlig unbekannten Brautpaares von oben anfängt, will das Kind die „Hochzeitsfrau“ aus der Nähe sehen. Wir stellen uns also wahnsinnig unauffällig in die Nähe des Fotoshootings. In Sachen Personenbeschattung ist das Kind eher nicht hochbegabt, zwar zeigt es – immerhin – nicht mehr mit dem Finger auf diejenigen, die es gerade anschaut, kommentiert aber alles laut, ganz so, als wäre ich nicht eh daneben. „Jetzt wär sie fast gestolpert.“ „Wie schwer sie mit dem Kleid geht!“ Es folgen einige unbeantwortbare Fragen („Heiraten die echt, oder tun die nur so?“ „Darf man im Museum heiraten?“ „Weiß das Museum, dass die hier heiraten?“), die erst aufhören, als die Braut sich ohne gröbere Zwischenfälle dem Ausgang nähert. Vom Museumsbesuch wird dem Kind wahrscheinlich die Hochzeitsfrau am meisten in Erinnerung bleiben. Mir eher die Treppen rauf zu Klimts Werken. Hat er nämlich echt gut g'macht, der Klimt. Kann man lassen.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2018)

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