Mein Montag

Auf „Wie geht's?“ nicht immer „Danke, gut“ sagen

Jedes Mal, wenn ein Mensch „Ich auch“ sagt, explodiert in der Antarktis ein Babypinguin.
Jedes Mal, wenn ein Mensch „Ich auch“ sagt, explodiert in der Antarktis ein Babypinguin.(c) REUTERS (Reuters Staff)
  • Drucken

Wenn Dialoge nur noch Reflexe sind, kann es langweilig werden. Peppen wir unsere Gespräche auf!

Jedes Mal, wenn ein Mensch „Ich auch“ sagt, explodiert in der Antarktis ein Babypinguin. So wie auch das reflexhafte „Ich dich auch“ auf „Ich liebe dich“ irgendwo auf der Welt einen süßen Goldhamster bei vollem Tempo aus dem Laufrad springen und ihn sich mehrfach überschlagen lässt. Wollen wir das wirklich, dass sich sprachsensible Tiere derart über unsere Unkreativität grämen müssen? Dann etwa, wenn wir die uninteressierteste Frage, die sich als Interesse tarnt und doch nur eine Floskel ist, beantworten müssen. „Wie geht's?“ lässt nämlich in Wirklichkeit nur eine einzige Antwort zu. Ob das „Danke, gut“ nun ernst gemeint ist oder nicht. Dabei gäbe es doch so viele Alternativen. „Alles paletti“ könnte man fröhlich entgegenschmettern, mit „Ist mir wurscht“ den sich anbahnenden Dialog von vornherein abblocken, mit „Passt schon“ zumindest die 08/15-Variante vermeiden, mit „Schauma mal“ die sprachliche Unverbindlichkeit ein bisschen bayerisch einfärben, mit „Na ja“ die Möglichkeit des Negativen zumindest zulassen, mit „Woher soll ich das wissen?“ das Gegenüber ein wenig verschrecken, mit „Pffff“ (kombiniert mit einem Schulterzucken) zu verstehen geben, dass alles ein bisschen dings ist, mit „Wie die anderen wollen“ die Schuld auf, nun ja, die anderen schieben, mit „Jo eh“ etwas ähnlich Unsinniges sagen, mit „Bescheiden“ so vornehm sein, nicht „Beschissen“ sagen zu müssen, mit „Das geht dich überhaupt nichts an“ das Gegenüber ein bisschen brüskieren, mit „Frag lieber nicht“ dazu ermuntern, genauer nachzufragen, mit „Interessiert dich das wirklich?“ zum Erzählen der Lebensgeschichte ansetzen, mit „Keine Ahnung“ ein bisschen ratlos sein dürfen und mit „Frag mich in einer Stunde wieder“ feststellen, dass dieser Satz jetzt schon ziemlich lang läuft, ohne endlich zum Punkt zu kommen. Aber danke der Nachfrage. Und Ihnen?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.