Mein Samstag

Ausflug mit Karabiner

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Manchmal tut man Dinge aus reiner Liebe zu seinem Kind.

Einen Hochseilklettergarten besuchen zum Beispiel. Waren Sie schon einmal in einem Hochseilklettergarten? Da wird man in eine Extrembergsteiger-Ausrüstung gesteckt: Klettergurt, Karabiner in verschiedenen Farben, Helm, das volle Programm, um dann in luftiger Höhe angeseilt zwischen den Baumwipfeln Hindernisse zu überwinden, wobei Balance und Geschicklichkeit gefragt sind, zwei Bereiche, in denen ich eher noch nicht durch nennenswerte Hochbegabung aufgefallen wäre. Das Kind wollte schon lang in so einen Klettergarten, schon vor dem Start lagen unsere Erwartungen weit auseinander: Ich plädierte für den allerleichtesten Parcours knapp über Bodenhöhe, das Kind für den allerschwersten, allerhöchsten. Getroffen haben wir uns in der Mitte: Eine mittelschwere, mittelhohe Strecke, für mich mittlere Hölle.

Rückblickend muss ich sagen, dass diese Augenblicke im Klettergarten vielleicht nicht zu meinen pädagogisch besten gehören. Bei jeden Zwischenstopp auf diesen kleinen Plattformen habe ich dem Kind, das vor mir tapfer unterwegs war, wortreich und zunehmend grantelnd erklärt, dass ich bestimmt nie-nie-nie wieder einen solchen Ort betreten werde. Nicht falsch verstehen: Objektiv gesehen sind diese Klettergärten großartig gemacht und toll für Koordination, Selbstvertrauen, Teambuilding (sofern man mit jemanden anderen als mir im Team ist.) Wenn du aber ungern sieben Meter über dem Grund auf einem wackelnden Holzbalken balancierst, ohne dich irgendwo anhalten zu können, macht dir das Ganze nicht so viel Freude. Dafür hat das Kind eine neue Erfahrung mitgenommen: Es selbst war motiviert, musste aber eine sudernde Mutter hinter sich herschleppen. Sonst ist das ja eher umgekehrt, da bin ich die, die das Kind mit Sprüchen wie „Wir sind gleich da“ oder „Nachher bekommst du ein Eis“ motivieren muss. Am Ende hat das Kind dann immerhin nicht das gesagt, was ich sonst gern loswerde: „Jetzt bist du bestimmt stolz, dass du es geschafft hast.“ Na eh. Zugeben würde ich das aber nie. Darf ich jetzt ein Eis?

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2018)

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