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Ruhe sanft? Wo man nicht einmal begraben sein will . . .

Sterben nach budgetären Vorgaben? Gersthofer Friedhof.
Sterben nach budgetären Vorgaben? Gersthofer Friedhof.(c) Wolfgang Freitag
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Umgelegte Grabsteine, ungepflegte Wege: ein Besuch auf dem Gersthofer Friedhof.

Da will ich nicht einmal begraben sein. Das sagt man schnell einmal so dahin, wenn's irgendwo genau so ist, wie's nirgendwo sein sollte, an den Unorten unseres Lebens eben. Blöd nur, wenn's ausgerechnet ein Friedhof ist, auf dem man nicht einmal begraben sein will . . .

Unwillkürlich kam mir solches in den Sinn, als mich meine Wege kürzlich auf den Gersthofer Friedhof führten. Nicht dass seine Lage im Stadtgefüge zu beklagen wäre: In sanfter Steigung schmiegt sich sein Gelände dem Alsrücken an, so selbstverständlich, dass man gar nicht glauben möchte, was ein Blick in die Geschichte lehrt: dass es sich um den bereits dritten Versuch handelt, dem Wiener Vorort, heute zum Bezirk Währing zählend, einen Ort der letzten Ruhe zu verschaffen.

Was angesichts seines gegenwärtigen Zustands dagegen ziemlich glaubwürdig erscheint: dass auch dieser dritte Friedhofsversuch schon mehrfach vor dem Ende stand. Per Gemeinderatsbeschluss des Jahres 1953 wurde seine Sperre für 1975 angesetzt, eine Frist, die ein anderer Gemeinderat 1975 um weitere zehn Jahre streckte – und wieder ein anderer Gemeinderat 1980 (vorderhand?) endgültig sistierte: Eine Volksbefragung hatte ein klares Votum gegen eine Schließung erbracht.

Dieser Tage könnt man fast meinen, er sei doch damals schon geschlossen worden. Umgestürzte Grabsteine, unzählige von der Auflassung bedrohte Gräber, Wegbefestigungen, die nur bruchstückweise in unsere Zeit gekommen sind. Ja, etliche Grabstellen seien baufällig, bei einigen habe man Grabsteine aus Sicherheitsgründen umlegen müssen, bestätigen die Friedhöfe Wien. Und was die Instandhaltung betrifft: Die sei eben einzig im Rahmen budgetärer Vorgaben möglich. Bleibt nur noch, dass gefälligst nach den budgetären Vorgaben der Friedhöfe Wien demnächst auch gestorben wird . . .

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2018)

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