Unbequeme Wahrheiten, die niemand hören will

Sagen Sie niemals Beere zu einer Erdbeere.
Sagen Sie niemals Beere zu einer Erdbeere.(c) Clemens Fabry
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Sagen Sie niemals Beere zu einer Erdbeere. Sie ist nämlich eigentlich eine, sagen wir, Erdnuss.

Sich die Ohren demonstrativ zuzuhalten und „La la la, ich kann gar nichts hören“ zu singen, ist eine beliebte Kommunikationsstrategie. Und sie mag verständlich sein, wenn jemand eine komplexe Debatte mit plumpen Argumenten in einen Niveaulimbo zu verwandeln droht. Es gibt aber auch die unbequemen Wahrheiten, die manche einfach nicht wahrhaben wollen – die man aber endlich einmal aussprechen muss. Dass Walfische keine Fische sind, hat man ja schon akzeptiert. Aber dass die Spitzmaus keine Maus sein soll? Genau. Sie ist kein Nagetier, sondern gehört zur Gruppe der Insektenfresser, in der auch Igel und Maulwürfe zu finden sind. Der Koalabär ist auch kein Bär. Er gehört zu den Beuteltieren, so wie das Känguru. Dagegen zählen Biologen den Ameisenbären (erwischt, wieder kein Bär) zur Art der Zahnarmen. Aber stimmt schon, Ameisenzahnarmer klingt nicht annähernd so attraktiv.


Im nahenden Sommer bietet sich der besserwisseristische Small Talk etwa beim Picknick an. „Wusstest du“, sagt man dann mit arrogantem Augenaufschlag, „dass die Erdbeere gar keine Beere ist, sondern eine Nuss?“ Das Gegenüber hebt schon die Hände zu den Ohren und setzt zum „La la la“ an. „Die ist aus botanischer Sicht nämlich eine Sammelnussfrucht. Genau, die eigentlichen Früchte sind die kleinen gelb-grünen Punkte an der Oberfläche – das sind die Nüsse. Das rote Fruchtfleisch ist nur der hochgewölbte Blütenboden. Daher sprechen Biologen von einer Scheinfrucht. Also ist die Erdbeere eigentlich eine Erdnuss. Praktisch, dass die echte Erdnuss in Wirklichkeit auch keine Nuss ist, sondern eine Hülsenfrucht wie Erbsen oder Bohnen . . .“
Dann war die Picknickbegleitung plötzlich weg. Was haben Sie gesagt, mit Besserwisserismus sammelt man bei anderen Menschen eher keine Sympathiepunkte? Hm . . . la la la, ich kann gar nichts hören!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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