Eskimos haben hundert Wörter für Public Viewing

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Mit dem Dozieren beim kollektiven Fußballschauen macht man sich nicht nur Freunde.

Wussten Sie, dass der Fünf-Meter-Raum auf einem Fußballfeld fünfeinhalb Meter lang ist? Genau, das hat mit den nichtmetrischen Maßen in England zu tun, wo der Abstand zwischen der Torlinie und der Begrenzungslinie des Torraums ursprünglich sechs Yards betrug. Das sind umgerechnet 5,49 Meter – die dann aufgerundet wurden. Beim gemeinsamen Schauen kann man den anderen auch gleich vorbeten, dass Public Viewing eigentlich öffentliche Leichenschau bedeutet. Ist halt nur fast ganz richtig. Der Begriff kann sich im Englischen auf jede Art der öffentlichen Betrachtung von etwas beziehen, wie der Anglist Anatol Stefanowitsch dargelegt hat. Von der Akteneinsicht durch die Öffentlichkeit über Theater- und Filmvorführungen bis zu Kunstausstellungen – und vor allem in den USA eben auch auf die öffentliche Aufbahrung.
Wenn wir schon – in ein paar Tagen werden ja die Tage wieder kürzer – beim Winter sind, sollten wir noch über etwas reden: Nein, Eskimos haben nicht hundert Wörter für Schnee. Diese moderne Sage geht zurück auf den Ethnologen Franz Boas, der von vier Wortstämmen für Schnee ausging – aus denen im Lauf der Zeit immer mehr wurden. Allein, es gibt eine ganze Reihe von Sprachen in der eskimo-aleutischen Sprachfamilie, die halt auch unterschiedliche Begriffe für Schnee haben. Abgesehen davon benutzen auch andere Sprachen etliche Wörter – Neuschnee, Pulverschnee, Harsch, Sulz, Griesel oder Firn, zum Beispiel. Und schließlich sind die Eskimosprachen polysynthetisch, soll heißen, dass manche Wendungen, die im Deutschen einen ganzen Satz brauchen („Schnee, der auf ein Fußballfeld fällt“), in einem einzigen Wort zusammengefasst werden können.
Beim Dozieren während des kollektiven Schauens kann man übrigens noch etwas lernen: Fußballfans kennen hundert Wörter für Besserwisser.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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