Das E-Wort steht in der U-Bahn wie ein Rüsseltier

Das E-Wort ist jetzt in der Wiener U-Bahn verboten.
Das E-Wort ist jetzt in der Wiener U-Bahn verboten.(c) Clemens Fabry
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Dinge, die man nicht aussprechen will, mit Anfangsbuchstaben zu verklausulieren, ist l-Wort.

Sich den Mund mit Seife auszuwaschen ist keine umständliche Umschreibung für Zähneputzen. Wobei Zähneputzen wichtig ist, damit das K-Wort keine Chance hat. Sie wissen schon, das mit den Löchern, für die der Zahnarzt den B-Wort auspackt und sagt, dass es jetzt gleich ein bisschen w-Wort tun wird. Es sei denn, natürlich, man hat sich vorher eine S-Wort geben lassen. Ganz genau, diesmal geht es darum, Wörter nicht in den Mund zu nehmen. Beim Zähneputzen selbst geht das ja eh nicht, weil das Wort die verflüssigte Zahnpasta aus dem Mund drängen würde, was wieder eine ziemliche Sauerei ergibt. Aber im normalen Sprachgebrauch hat sich das ein bisschen eingebürgert, stattdessen nur den Anfangsbuchstaben zu verwenden und dabei ein bisschen verschwörerisch zu schauen. Was bei der Umschreibung eines im Sprachgebrauch herabwürdigenden Wortes ja noch seine Berechtigung hatte. Doch was im Windschatten des N-Worts mittlerweile veranfangsbuchstabisiert wurde, ist schon ein bisschen l-Wort.

Die trübe Jahreszeit, die den Sommer ablöst, mit H-Wort zu titulieren, zum Beispiel. Oder auch ein im Englischen gebräuchliches Schimpfwort auf Basis von Geschlechtsverkehr als f-word zu verklausulieren. Das ist dann ein bisschen wie das E-Wort, das im Raum steht – das Rüsseltier, das jeder sieht, aber über das keiner sprechen will. Das funktioniert wie der Gottseibeiuns, Sie wissen schon, wer. („He who must not be named“ in „Harry Potter“ spielt in einer ähnlichen Liga.) Wobei sich das T-Wort für ihn nie wirklich durchgesetzt hat.

Dafür ist das E-Wort (nein, nicht das mit dem Rüsseltier) ja jetzt in der Wiener U-Bahn verboten. Also verzichten Sie künftig besser auf den D-Wort und die L-Wort-Semmel und lassen die P-Wort während der Fahrt im Karton. Sehen Sie es positiv – damit fällt danach auch das Ausspülen des Mundes mit Seife weg.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2018)

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