Höret auf damit, ständig "Kommet zuhauf" zu sagen!

Gerade bei Einladungen zu Veranstaltungen oder Festen hat sich die Unsitte eingebürgert, die Befehlsform wie in der deutsch synchronisierten Fassung eines Kostümfilms aus den 1950er-Jahren anzuwenden: „Kommet zuhauf!“
Gerade bei Einladungen zu Veranstaltungen oder Festen hat sich die Unsitte eingebürgert, die Befehlsform wie in der deutsch synchronisierten Fassung eines Kostümfilms aus den 1950er-Jahren anzuwenden: „Kommet zuhauf!“(c) APA (Georg Hochmuth)
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Plädoyer für einen nicht geschwollenen Imperativ bei Einladungen zu profanen Veranstaltungen.

In Weihnachtsliedern mag das ja noch verständlich sein. „Kommt, ihr Hirten“ hat nicht das richtige Versmaß. Aber lasset uns sehen, ob der Imperativ mit Endungs-e wirklich immer notwendig ist. (Spoiler: Nein.) Gerade bei Einladungen zu Veranstaltungen oder Festen hat sich die Unsitte eingebürgert, die Befehlsform wie in der deutsch synchronisierten Fassung eines Kostümfilms aus den 1950er-Jahren anzuwenden: „Kommet zuhauf!“ Gerade, dass man zur Eröffnung des Buffets dann nicht zu „Nehmet und esset alle davon“ ansetzt. Das hochsprachliche e mag ja als Einschub in der Alltagssprache beim ersten Mal noch originell gewirkt haben, doch mittlerweile hat es sich auf der Klischeeskala knapp unter Herz und Schmerz eingereiht. Verstehet das doch! Natürlich, bei einigen Imperativen ist das e am Ende nötig – es erwartet niemand, dass man als Antwort auf die Einladung ein „Rechn nicht mit mir“ entgegengeschmettert bekommt. Und über ein e kann man natürlich diskutieren – bei Wörtern, die im Infinitiv auf -eln oder -ern enden, lässt sich abwägen, ob man „sammle“ oder „sammele“ sagt –, am e am Ende ändert das freilich nichts. (Gut, gesprochen wird es in Österreich halt erst recht umgekehrt, also sammel gefälligst, aber das ist wieder eine komplett andere Geschichte.)

Damit kein Missverständnis aufkommt – erlaubt ist das e am Ende des Imperativs natürlich. Höre, schreibe und sage es ruhig. Im Plural wirkt es nur ein bisschen dings. Aber okay – wer seine Partyeinladungen weiter mit „Kommet zuhauf“ versehen will, möge dies halt tun. Damit es wirklich fetzt, böte sich aber die Fortsetzung an, wie sie Joachim Neander 1680 in „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ geschrieben hat: „Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf!“ (Auf Nachfragen kann man auch erklären, was ein Psalter ist. Nur dafür reicht hier leider der Platz nicht mehr . . .)

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2018)


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