Stadtbild

Ach seufz! Wenn die Wiener Linien stationsgestalten

Derbheit in Stahlblau: das neue Wiener-Linien-Stationsschild.
Derbheit in Stahlblau: das neue Wiener-Linien-Stationsschild.(c) Wolfgang Freitag
  • Drucken

Wenigstens praktisch? Die neuen Stationsschilder für Bus- und Straßenbahnhaltestellen sorgen nicht überall für Begeisterung.

„Monstrum.“ „Identitätslos.“ Oder einfach: „Ach seufz!“ In einschlägigen Onlineforen rumort es schon seit Längerem, seit Kurzem ist es Gewissheit: Wiens Straßenbahn- und Autobushaltestellen werden mit neuen Stationsschildern ausstaffiert. Schritt für Schritt sollen die gewohnten rot gerahmten Ovale für die Straßenbahn- und blau gerahmten Halbovale für die Buslinien durch elektronische Anzeigetafeln ersetzt werden, die nicht nur über die an der jeweiligen Haltestelle verkehrenden Linien, sondern insbesondere auch über Wartezeiten informieren. Gleichzeitig wird der Mast, der die Anzeigetafel trägt, Träger sämtlicher anderer Informationssysteme, von Fahrplänen bis zu den Lautsprechern für die Durchsagen. So weit, so klar.

Dass die Beseitigung des Althergebrachten nicht nur Begeisterung auslösen wird, sollte allen Beteiligten klar gewesen sein. Immerhin zählen besagte Schilder seit Jahrzehnten, mehrtausendfach über alle Bezirke verbreitet, quasi zur Corporate Identity der Stadt, ein lieb gewonnenes Stück Heimat. Solches zu verändern will wohlüberlegt und mit Bedacht gestaltet sein.

Jenes derbe Ding, das nun in einem ersten Exemplar bei der Station Rathaus/Burgtheater vor uns steht, vermag weder dies noch jenes glaubhaft zu machen. Allein der klobige Mast, der die massige Bildschirmtafel in die Höhe stemmt, als müsste er den ganzen Weltkreis tragen, wäre schon schlimm genug; die Tafel selbst ergänzt den Gesamteindruck aufs Stimmigste um Design nach Baumarktart, wie es unbeholfener kaum vorstellbar ist.

Etwas Unpraktisches kann nicht schön sein, heißt es bei Otto Wagner. Was keineswegs bedeutet, alles Praktische sei deshalb auch schon schön. Bleibt zu hoffen, dass das stahlblaue Trumm wenigstens praktisch ist. Mehr darf man städtischerseits offenkundig nicht mehr erwarten.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.