Malen nach Zahlen oder: Wie die Loipe zum Rätsel wird

Dachsteinrunde
DachsteinrundeBenedikt Kommenda
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Dachsteinrunde: Ich konnte das Wort nicht mehr hören! Es stand für jene Loipe, die ich laufen wollte, als ich neulich in Ramsau war.

Ich skatete da hin, ich skatete dort hin und fand zwar Hinweise auf eine D-Runde mit dem Mountainbike, mit dem E-Bike und zu Fuß. Aber nicht auf die in einem kleinen, vom Ticketkontrollor verteilten Folder angepriesene Skatingrunde.

Wobei „angepriesen“ übertrieben ist. Sie steht mit technischen Daten (30 km, mittelschwer usw.) neben 16 anderen Loipen als Nr. 5 auf dem Plan. Eingezeichnet ist aber nur ein winziger Abschnitt. Egal: Was zählt, ist das Laufen, nicht die Loipe, also laufe ich halt irgendwie.

Tags darauf will ich es trotzdem wissen und erkundige mich beim Tourismusverband. Hilfsbereit erklärt mir Helena, wie man die Strecke findet: Sie deutet auf eine Abfolge von Buchstaben unterhalb der erwähnten Daten, die mit 50-plus-Augen ganz gut sichtbar, aber kaum lesbar sind – selbst wenn 50 nicht für Dioptrien, sondern für Lebensjahre steht. Nach einem heuer neuen System soll man also die Loipe pfeilgeleitet von Punkt zu Punkt in der Natur abfahren: H1–C1–Z–A1–. . . (besonders originell sind als Strecken K–K und J–J, womit, so Helena, zwei Schleifen gemeint sind). Das erinnert an Malen nach Zahlen, an Bilder, die Kinder anhand von Ziffern anfertigen. Mit dem feinen Unterschied, dass es hier keine Vorlage gibt, der Verlauf bis zuletzt ein Rätsel bleibt.

Ich fotografiere also den geheimnisvollen Code, um ihn dann vom Handy ablesen zu können, schreib ihn mir auch auf einen Zettel (den ich allerdings nach dem dritten Punkt ausstreue) und finde beim zweiten Anlauf doch glatt die komplette Loipe (da und dort steht sogar das nunmehr beruhigende D-Wort). Am Ende (26. Punkt) sehe ich, dass ich um den Kulmberg herumgelaufen bin, 28 gut präparierte Kilometer, 360 Höhenmeter. Die Strecke ist landschaftlich ein Genuss, abwechslungsreich und, was angesichts der rätselhaften Ausschilderung nicht überrascht, fast für mich allein da. Man freut sich, die Rätselaufgabe gelöst zu haben.

E-Mails an: benedikt.kommenda@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2018)

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