Advent in Bratislava: Punč und Würstel

Christbaumkugeln am Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt Winterwelt vor dem Stage Theater am Potsd
Christbaumkugeln am Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt Winterwelt vor dem Stage Theater am Potsdimago/Andreas Prost
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Wer die heimischen Weihnachtsmärkte zur Genüge kennt, kann nach Bratislava ausweichen. Eine Stunde mit dem Schiff von Wien entfernt, finden sich in der Altstadt mehrere hübsche Weihnachtsmärkte.

Sollen das Fische sein? Oder Engel? Oder doch Kutschen? Ganz eindeutig ist nicht zu erkennen, welche Figuren die Weihnachtsbeleuchtung in der Altstadt von Bratislava zieren, aber egal, es leuchtet hübsch weihnachtlich und trotzdem relativ dezent in den kleinen Gässchen, die am späten Nachmittag auffällig leer gefegt wirken. Woran das liegt, merkt man, wenn man zweimal um die Ecke biegt: So still die restlichen Straßen der Altstadt, so gut besucht und belebt sind die beiden Plätze, auf denen die großen Weihnachtsmärkte in der slowakischen Hauptstadt vor wenigen Tagen eröffnet haben.

Wie sich zeigt, sind die Slowaken in dieser Hinsicht wie die Wiener: Punschzeit ist Punschzeit, egal, wie untauglich das Wetter zum draußen Herumstehen auch sein mag. Der größte Adventmarkt Bratislavas, jener auf dem Hauptplatz – dem Hlavné námestie – ist schon am späten Nachmittag sehr, sehr gut besucht. Auch bei ungemütlichem Regenwetter wird hier – die Stehtische sind überdacht – getrunken, gegessen und an den hübschen Ständen mit ihren roten Dächern entlangspaziert. Ein kleines Weihnachtsdorf auf dem großen Platz, fast ein wenig skandinavisch, mit einem Christbaum, der kein Angebermodell wie jener auf dem Wiener Rathausplatz, aber mit sehr, sehr vielen Lämpchen beleuchtet ist.

Wer sich darüber aufregt, dass die Wiener Weihnachtsmärkte zu viel Gastronomie und zu wenig Handwerk bieten, war noch nicht in Bratislava: Zumindest auf dem Hauptplatz haben die Punsch- und Essensstände eindeutig die Überhand, das Essensangebot lässt sich mit zwei Worten zusammenfassen: süß und deftig.

Palatschinken. Sehr süß und sehr deftig, um es präziser zu sagen. In letztere Kategorie fallen etwa die vielen Bratwürstelvariationen oder auch die überdimensionalen Kartoffelpuffer (unbedingt mit jemandem teilen, viel zu groß für einen allein!). Wer zum süßen Punsch, der sich hier punč nennt (eines der wenigen Wörter, die man ohne Slowakisch-Kenntnisse versteht), etwas noch Süßeres essen will, sollte eine Lokša probieren: schmal zusammengerollte Palatschinken, die den Weihnachtsmarkt dominieren und die es etwa mit Nutellafüllung (um etwa zwei Euro) oder auch in pikanten Varianten, zum Beispiel mit Käse, gibt.

Dabei war man eigentlich gar nicht so hungrig, denn auf der Fahrt von Wien mit dem Twin-City-Liner (der in der Adventzeit freitags und samstags um 15 Uhr Richtung Bratislava und um 20 Uhr retour fährt) gab es an Bord hervorragende Croissants. (Die Gruppe junger, gut gelaunter Männer an Bord griff lieber zu Bierdosen und erinnert einen daran, dass Bratislava den Spitznamen „Partyslava“ hat.)

Wenn man ehrlich ist, ist man schon viel zu lang nicht mehr in Bratislava gewesen, der kleine Hype mit dem Start der Twin-City-Liner-Verbindung vor bald zehn Jahren hat sich gelegt. Die Adventzeit ist nun eine gute Gelegenheit, um die Stadt wieder einmal zu besuchen – vor allem für jene, die die heimischen Christkindlmärkte schon ein paar Mal zu oft besucht haben und ein wenig Abwechslung wollen.

Vor dem Nationaltheater. Von der Anlegestelle am Hafen von Bratislava sind es nur wenige Gehminuten zu den Christkindlmärkten. Wer auf dem Hauptplatz ist, sollte auch einen Blick in den wunderhübschen Innenhof neben der Kirche werfen – hier gibt es einen Mini-Adventmarkt (mit echten Schafen), der verglichen mit dem großen Bruder auf dem Hauptplatz ein sehr heimeliges, ruhiges Flair hat.

Nicht auslassen sollte man auch den zweiten großen Adventmarkt vor dem festlich beleuchteten Nationaltheater: Der große, in die Länge gezogene Ort, eine Mischung aus Platz und Boulevard namens Hviezdoslavovo námestie, ist geradezu ideal für einen Adventmarkt, der sich mit seinen kleinen, gedrungenen Hütten optisch von jenem auf dem Hauptplatz unterscheidet. Auch hier wird fleißig Punsch ausgeschenkt – weil hier fast alles nur auf Slowakisch angeschrieben ist, wählt man eben auf gut Glück irgendeinen. Das nicht kulinarische Angebot ist aber etwas touristischer als auf dem Hauptplatz: Neben bemalten Porzellankreuzen gibt es hier Souvenirs (Magnete, Magnete, Magnete), Tassen oder Kinderspielzeug aus Holz. Auch nett: der kleine Eislaufplatz.

Auf der kleinen Bühne neben dem sehr dezent und festlich dekorierten Christbaum spielt eine Band, die so klingt, als hätte sie knapp die Qualifikation für den Song Contest verpasst. Und die sich trotzdem stimmig in das Gesamtbild einfügt: eine feine Atmosphäre, eine hübsche Kulisse und eine große Portion Kitsch. In der Weihnachtszeit darf das sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2015)

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