Mercedes CLS und Audi A5: Ein Kunstgriff macht Karriere

Mercedes CLS
Mercedes CLS(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mercedes CLS und Audi A5 Sportback spielen zwischen den etablierten Baureihen: zwei Limousinen, die sich um die Eleganz von Coupés bemühen – mit unterschiedlichem Erfolg.

Zwischen den beiden Exemplaren liegt die Petitesse eines VW Golf, dennoch drängt sich die gemeinsame Betrachtung auf. Erstens sind die technischen Eckdaten gut vergleichbar: ausgewachsenes Längenmaß mit an die fünf Meter, Sechszylinder-Diesel, Siebengang-Automatik, Allradantrieb. Zweitens treffen beide Modelle Zwischentöne in der Klaviatur der Hersteller. Sie schweben preislich und technisch zwischen den etablierten Baureihen, und sie borgen sich, wiewohl mit vier Türen ausgestattet, etwas von der Eleganz großer Coupés. Der Kunstgriff ist ziemlich in Mode gekommen: Audi brachte neben dem A5 Sportback noch den A7 in Stellung, und soeben hat BMW das 6er Gran Coupé nachgereicht, erraten: mit vier Türen.

Mercedes aber hat das Spiel mit dem CLS von 2004 angestoßen. Weniger geschäftsmäßig als die E-Klasse, einen guten Funken glamouröser als die S-Klasse, bot das Design schon eine Vorstellung davon, wohin sich die Marke in den nachfolgenden Jahren bewegen sollte.

Damals ein Schulbus

Der erste CLS hat gute Chancen auf Klassikerstatus; die empfehlenswerte Maschine, wer sich auf dem Gebrauchtmarkt umsieht, ist der 5,5-Liter-V8, als kulinarische Saugmotor-Dekadenz heute bereits Geschichte.

Beim 320 CDI, wie der Drei-Liter-Diesel damals geführt wurde, vermerkten wir noch in fröhlicher Griesgrämigkeit: „Klingt wie ein Schulbus.“ Das, muss man fairerweise sagen, galt vor zehn Jahren für alle Dieselmotoren der sogenannten Premium-Hersteller. Diese bäuerliche Nagelei konnte es für die nobleren Formate wohl nicht sein. Auf dem Gebiet ist durchaus Fortschritt zu verzeichnen. Akustisch lässt sich der 350 CDI nicht viel nachsagen, das gilt im Stand und erst recht unterwegs, wenn das Werken des Sechszylinders nur als behaglicher Brummton präsent ist.

Die Kraftentfaltung kann man sich als Eisenfaust vorstellen, die einen, in dicken Samt gehüllt, am Nacken streichelt. Es gibt schließlich einiges zu entfalten, wobei sagenhafte 620 Newtonmeter und 265 PS noch nicht einmal die Spitze des mittlerweile Darstellbaren markieren. Ob es aber wirklich so weise ist, nun Dieselmotoren an die 400 PS heranzuführen, klären wir demnächst anhand des BMW 550d.

Wo der Hebel hingehört

Allrad ist bei diesen Geschützen eine kluge Option: Wenn Drehmomentgewitter herabgehen, braucht es zur Erdung vier Räder.

Sieben Gänge, wenn nicht schon acht, gehören in der Liga ebenfalls zum guten Ton. Die 7-G-Tronic von Mercedes bietet zu aller Akkuratesse in der Verwaltung der Schaltstufen noch einen Wählhebel in der einzig optimalen Platzierung: am Lenkstock, direkt neben dem Lenkrad, wo die Finger, lässig hingetippt, beim Rangieren den kürzesten Weg haben. Schade, dass BMW davon abgekommen ist, auch nach dem Umsteigen in den Audi fuhren wir ins Leere.

Dass der Mercedes ein Reisewagen erster Güte ist, wird niemanden überraschen, seinem geschmeidigen Wesen ist es zu danken, dass man sich aber auch in der Stadt wohlfühlt im Fünfmeterschiff. Wer nicht in die teure Luftfederung investiert, wird feststellen, dass man sehr gut ohne Fahrprogramme fürs Fahrwerk auskommt. Allein das Schaltschema der Automatik lässt sich variieren, selten genug findet sich in diesem Auto ein Anlass, „Sport“ zu aktivieren. Der CLS ist immer ausreichend agil und exakt so sportlich, wie es diesem Format sittlich ansteht. Erstklassig das Bordsystem in Anmut, Logik und Steuerung. Es unterscheidet sich bei den drei deutschen Marken allerdings nur noch in Nuancen.

Einiges von dem, was den CLS ausmacht, bekommt man auch im Audi A5 Sportback, der vergleichbar motorisiert um erwähnte 20.000 Euro weniger in der Liste steht. Ausgerechnet den Coupé-Charakter würden wir aber nicht dazuzählen, dafür sieht der Sportback, auch wenn er von einem Coupé abgeleitet ist, zu konventionell nach Limousine aus. Optisches Highlight ist wohl die LED-Signatur der Scheinwerfer, die schon deutlich kunstvoller gelungen ist als der frühe Audi-Tagfahrlicht-Lametta.

Knapp geschnittenes Cockpit

Der Audi ist 23 Zentimeter kürzer als der Mercedes, hat mit 6,4 Zentimetern im Verhältnis allerdings nur geringfügig weniger Radstand – und trotzdem entschieden beengtere Platzverhältnisse im Fond und einen kleineren Kofferraum. Selten sieht man jedoch vier Erwachsene in diesen Autos reisen. Dass sich das Cockpit des A5 knapp um den Fahrer schmiegt, mögen manche sogar als beengend empfinden, ist von Audi unter sportlicher Prämisse aber vollauf beabsichtigt. Die Ergonomie ist absolut tadellos, bis hin zum klug angebrachten Rädchen für die Lautstärke neben dem massiven Wählhebel des Sieben-Gang-DSG. Das Vorhandensein einer Rückfahrkamera lindert beim Parken die schlechte Sicht nach hinten.

Auch im A5 arbeitet einer der führenden Sechszylinder-Diesel. Der Drei-Liter-Motor wirkt um nichts weniger kräftig als der nominell stärkere im CLS, und er ist bemerkenswert sparsam. Zur aufgeweckten Charakteristik passt das Angebot dreier Fahrprogramme – Komfort, Spar und Sport –, wobei man die dynamische Einstellung von Automatik und Lenkung nur für kurze Attacken bei der Bergwertung nutzen wird. Viel nachhaltiger erfreut es, dass man über Land die Sieben-Liter-Marke mühelos unterschreiten kann. Beide Autos verfügen über Tempomat mit automatischer Abstandsregelung (per Radar), einer der wenigen wirklich segensreichen Posten unter den vielen Assistenzsystemen.

Dabei reden wir freilich von den Extras, die den Preis des Audi auf den Listenpreis des CLS heben, das Gefüge insgesamt aber wahren, denn auch der Mercedes macht sich in standesgemäßer Ausstattung auf bis ganz knapp ans Sechsstellige.

Mercedes CLS 350 CDI 4Matic

Maße: L/B/H: 4940/1881/1416 mm, Radstand: 2874 mm. Kofferraum: 520 Liter. Leergewicht: 1875 kg. Siebengang-Automatik, Allradantrieb.
Motor: V6-Zylinder-Turbodiesel, 2987 cm3, 195 kW (265 PS), 620 Nm. 0–100 in 6,4 sec. 180 g CO2/km lt. Norm. Testverbrauch: 8,3 l/100 km.
Preis: 74.180 Euro.

Audi A5 Sportback 3.0 TDI quattro

Maße: L/B/H: 4712/1854/1391 mm, Radstand: 2810 mm. Kofferraum: 480 Liter. Leergewicht: 1770 kg. Siebengang-DSG, Allradantrieb.
Motor: V6-Zylinder-Turbodiesel, 2967 cm3, 180 kW (245 PS), 500 Nm. 0–100 in 5,9 sec. 149 g CO2/km lt. Norm. Testverbrauch: 7,4 l/100 km.
Preis: 54.150 Euro.

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