Marbella: Die Gunst der ersten Reihe

Hochhaus. An Marbellas langer Strandpromenade: Amàre Beach Hotel.
Hochhaus. An Marbellas langer Strandpromenade: Amàre Beach Hotel.(c) Madeleine Napetschnig
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Ziemlich grün, ziemlich schön und ziemlich weitläufig, nicht nur für einen Badeort. Vorsaison am exklusivsten Abschnitt der Costa del Sol.

Die Aussicht von den obersten Etagen des Amàre hat was, das ist nicht die ganz klassische Blick-aufs-Meer-Perspektive: Mit ziemlichem Druck rollen die Wellen gegen die Mole an, die krumm wie ein Stängel im mediterranen Wasser liegt. Die hohen Palmen wiegen sich im Wind, irgendwie miamiartig. Ganz leicht weht der Sound aus der Rooftop-Bar des Hotels herunter. Oder kommt die Musik aus dem mit Pflanzenkübeln zugestellten Dachgarten des benachbarten Hauses, wohl einer Apartmentanlage? Links und rechts verläuft der Sandstrand weiter, besetzt von einer Abfolge hoher und niedriger Häuser mit doch erstaunlich viel Grün, manchmal auch Green, dazwischen. Würde man von hier oben über den auskragenden Teil des Gebäudes hinaus und direkt nach unten sehen können, schaute man direkt auf das von Pflanzen eingerahmte Pool, die feschen Outdoor-Möbel, den Bademeister, die Gäste, die beim ersten Sonnenstrahl in den Bikini springen, auch wenn es zwischendurch immer wieder vorsaisonale Temperaturen hat. Alles ganz licht, reduziert, schick hier. In Weiß bis Creme bis Beige.

Die Handwerker erledigen versteckt die letzten Arbeiten. Der Manager arrangiert noch die übers Haus verteilten Kunstwerke ein paar Zentimeter hin, ein paar Zentimeter her. Der Interieurdesigner hat seinen Job längst getan, das irisierend von draußen einfallende Licht für die Wirkung der hohen Lobby genutzt, die neuen Suiten, Bereiche in den zwei Restaurants und dem Spabereich gestaltet. Ungeachtet des so Sichtbaren ist das Amàre Beach Hotel ein Beispiel, wie eine Bestandsimmobilie an der Mittelmeerküste geschickt adaptiert werden kann.

Wie alles hier begann: Anfang der Fünfzigerjahre war Marbella noch eine kleine, kaum bekannte Stadt am Fuße des 1200 Meter hohen La Concha, Teil der Sierra Blanca. Unter den Phoeniziern gegründet, von den Römern ausgebaut, von den Mauren erweitert, als sie 800 Jahre die iberische Halbinsel unter Kuratel hatten. Nach der Ausbeutung Südamerikas von den Spaniern reich ausgestattet. Ihre einstige Bedeutung als Zollstation, an der die anlandenden Schiffe und die Händler aus dem gebirgigen, andalusischen Hinterland abkassiert wurden, hatte die Kommune längst eingebüßt. Malaga, Gibraltar waren wichtiger, größer geworden.

PANORAMA . Rooftop-Bar vom Amàre. Vorn Meer, hinten Altstadt.
PANORAMA . Rooftop-Bar vom Amàre. Vorn Meer, hinten Altstadt.(c) Wayne Chasan

Exklusive Vorhut. Mit den Fünfzigerjahren ging die Tourismusgeschichte für Marbella plötzlich los: Ursprünglich angelockt vom moderaten Klima dank der die mittlerweile 150.000-Einwohner-Stadt umgebenden Berge, eröffnete Prinz Alfonso von Hohenlohe 1954 den „Marbella Club“. Er hatte ein großes Parkareal im Dorf Marbella erworben, mit einem Hotel und mehreren locker zwischen die Botanik eingestreuten Villen bestückt. Alles mit einer gewissen Nonchalance gestaltet – für eine Gesellschaft, die keinen Protz brauchte, um sich abzusetzen. Geld und/oder Ansehen waren ohnedies vorhanden. Jetset und Aristokratie genossen in den ersten Jahrzehnten die lässige Atmosphäre des Marbella Clubs, feierte originelle Feste, ohne dass es sofort in den Medien die Runde machte. Hier konnten sie ein wenig abtauchen, Gunther Sachs und Brigitte Bardot, Familien wie die Kennedys, zahlreiche gekrönte Häupter. Auch heute noch verschwinden Gäste wie Mick Jagger oder Lady Gaga in der Weit- und Weltläufigkeit der Anlage, in der man sich von ein paar hundert bis ein paar tausend Euro pro Nacht (letzteres in der großen Villa del Mar“) einmieten kann. Ein weiterer Hotspot neben der Côte d‘Azur oder später der Costa Smeralda, Orte, zwischen denen sich viel altes und dann auch neues Geld bewegte.

Das Image entwickelte Sogwirkung: Schnell wuchs die private Villen- bis Palastlandschaft in Marbella, schnell folgten die Hoteltürme am Küstensaum, die Apartmentanlagen, die in die Hügel wachsen. Puorto Banús wuchs sich zum exklusivsten unter den Häfen aus und ist heute der Ort, an dem die dicksten Yachten liegen, sich die Luxusbrands reihen, Parties steigen. Manche Bauboomära evozierte nicht nur die Kritik der Umweltschützer, sondern auch einen handfesten Skandal. Nicht ein, sondern mehrere Kommunalpolitiker kamen etwa in den 2000ern für die Vergabepolitik mit dem Strafrecht in Berührung.

Höhenwachstum und Verdichtung. Seit den Sechzigerjahren ist das Hochhaus der Prototyp der Immobilie an der spanischen Küste. Es galt dem über die einstigen Fischerdörfer hereinbrechenden Tourismus schnell ein Bettenangebot bereitzustellen. Freilich ist der Gast auch ein Geist, den der Tourismusunternehmer selbst ruft. Rasch und kostengünstig mussten Urlauber in vielen Etagen gestapelt werden. Gestaltung, Bauordnung und manchmal auch die Widmung taten wenig zur Sache, wichtig waren der Ausblick aufs Meer und die praktische Verwaltung des Touristen. Die rasante Verbauung der Uferkante von Pamplona bis nach Gibraltar war die Folge, ihre Auswüchse haben mit „Benidormisierung“ einen Namen: Explosionsartiges Wachstum, beschleunigt durch Beton. Anders als etwa beim Nachbarn Portugal schob man in Spanien dem schnellen Plattenbau, enormen Traufhöhen und dem ungebremsten Landfraß keinen Riegel vor.

Kreation. Mauricio Giovanini kocht „Messina“ – ein Michelin- Stern.
Kreation. Mauricio Giovanini kocht „Messina“ – ein Michelin- Stern. (c) Jorge Morales

Auch Marbella blieb vor dieser Entwicklung nicht komplett verschont. Schön lässt sich sein Wachstum studieren, man braucht nur der langen, langen, langen Promenade (Paseo Marítimo) entlang zu schlendern, an der sich an manchen Abschnitten Belege verschiedener Bauphasen aufreihen. Manches ältere Objekt mutet für unser Auge allerdings schon wieder zeitgemäß, in seiner Funktionalität überzeugend an. Man ist zunehmend bereit, die Leistungen der Sechziger- und Siebzigerjahre-Achitekten zu würdigen: Erstaunlich, wie mit schräg angeschnittenen Loggien jeder Bewohner mit Aussicht und Schatten versorgt werden konnte. Spannend auch, wie originell sich Kuben und Zylinder stapeln ließen. Ansprechend wirkt vieles in der ersten Strandlinie, weil es saniert, adaptiert, manchmal auch erweitert wurde. Und gepflegt. Zudem wurden die Bauten hier etwas großzügiger in die Landschaft gepflanzt, weil an solchen Ort traditionell mehr Geld und Bereitschaft vorhanden ist, um Bausünden abzusagen. Ungeachtet vom Vorhandensein eines Budget für Pflanzenvarietäten, alte Bäume, Blumen, Palmen.

Maurische Wurzeln. In der Erdgeschoßzone mischen die Maklerbüros mit, britische, die wohl mit dem Brexit hadern, und auffällig viele skandinavische. Eine Wohnung, wenn nicht Villa in Marbella ist nach wie vor eine Begehrlichkeit, der autochthone Einwohner hat mitunter Mühe, bei so viel Liquidität am Markt mitzuhalten. Mittlerweile interessiert sich, das konnte man etwa gut an Palma/Mallorca beobachten, eine betuchte Klientel für das Investment in der verwinkelten Altstadt. Hinter historischer Fassade und kleinen Fenstern wird die eine oder andere schicke Wohnung hergerichtet. Manches halb verfallene Objekt wird saniert und zum Boutiquehotel umgenutzt. Alte Fronten bleiben stehen, das Eingeweide der kleinteiligen Häuser weicht großzügigeren Grundrissen. Das Interesse an ihrer Altstadt, ihrer Casco Antiguo, wächst auch bei den Bewohnern selbst.

Bitterorangen und Blattgold. Keine Gasse in der Altstadt verläuft schnurgeradeaus, bildet uneinsichtige Ecken und tote Winkel, auch das verweist auf ihr maurisches Erbe: Anders als die römische Taktik, sich auf freiem Felde zu streiten, verteidigten die Mauren ihre Gemeinschaft immer von innen heraus. Dadurch wird das Dorf zur Festung ohne lange Blickbeziehung. Und für den Besucher reizvoll. Auf den arabischen Einfluss sind letztlich auch die Innenhöfe zurückzuführen, Patios mit Wasserstellen, die im andalusischen Sommer für kühleres Mikroklima sorgten. Heute nutzen Gastronomen und Geschäftsleute diese kleinteilige Struktur für hübsche kleine Restaurants, Tapasbars und Shops. Man muss nicht an die Strandmeile und hinaus nach Puerto Banús, um gut und lauschig Fisch und Meeresfrüchte zu essen, das geht auch hier in der vorsaisonalen Ruhe der Altstadt. Kompakt verbaut, ergeben sich zwischen den geduckten Häusern und den größeren Gebäuden aus der Renaissance und der Barockzeit immer wieder unvermutet größere Plätze, etwa vor der üppig ausgestatteten Hauptkirche. Oder der Plaza de los Naranjos, der Platz der Orangenbäume, die hier im Karree stehen. Ihre Früchte zu kosten, davon ist abzuraten – sie sind so bitter, dass sie sich nur für englische Marmelade eignen, dafür aber perfekt.

Eine Ruhezone außerhalb der einst maurisch ummauerten Stadt (Marbil-ha), ist der Alamedapark, großzügig angelegt für die Bürger, um Rekreation in botanischer Vielfalt samt großem Brunnen (Fuente Virgen del Rocio) zu finden. Öffentlicher Raum wird hier gestaltet: Auf der Avenida del Mar, die eher ein kleiner Kunst-Park ist, stehen Plastiken von Salvador Dalí, Repliken freilich. Und selbst in die Bäume, die die Straßen säumen, wurde viel investiert.

Eine große Idee, die herumgeistert, und an der Marbella naturgemäß durch seine abwechslungsreiche Promenade bereits Teil hat, wäre der Zusammenschluss großer Abschnitte der spanischen Küste. Von Marbella viele Kilometer zu laufen, zu radeln und mit Lokalstopps zu promenieren, das geht schon heute.

Info

Einchecken: Amàre Marbella Beach Hotel: Viersterne-Haus, Adults Only. Der Gast kann an diversen Kursen (Tango, Yoga, Fotografie etc.) teilnehmen. Fahrräder stehen bereit. Eigener all-inclusive-Bereich bei der Lobby bei Buchung der neuen Suiten. Spa mit Wasser- sowie Beautytreatments mit der spanischen Brand Germaine de Capuccini. www.amarehotels.com

Essen: Messina. Ein Michelin- Stern. Der argentinische Koch Mauricio Giovanini kooperiert mit dem Amàre, einerseits im Package, andererseits bestückt er dort die Rooftop-Bar. Mediterrane-südamerikanische Küche, große Weinkarte.
www.restaurantemessina.com

Compliance: Die Reise wurde von Amàre unterstützt.

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