Sardinien: Cocktail Sardo und andere Farbspiele

Der La-Maddalena-Archipel im Norden Sardiniens: Mittlerweile unter Naturschutz, der Urlauber hält sich an die Regeln.
Der La-Maddalena-Archipel im Norden Sardiniens: Mittlerweile unter Naturschutz, der Urlauber hält sich an die Regeln. Delphina Hotels and Resorts
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Sein blaues Wunder kann man im Norden der Insel erleben: Der La-Maddalena-Archipel gilt als die Inselgruppe mit dem klarsten Wasser in Europa. Das Meer schimmert in allen Blautönen.

Es ist ein warmer Frühsommernachmittag in Sardinien, der Strand wartet. Erwartungsvoll stapft ein Pärchen durch den Sand, die Vorfreude auf die Erfrischung ist von ihren Augen abzulesen. Doch diese werden tellergroß und größer, als sie der Erfrischung ansichtig werden. Besser gesagt, deren Farben: gelblich, bräunlich, rötlich changiert die Flüssigkeit. Alles andere als das sardinientypische Türkisblau. Ein Chemieunfall? Ein Abwasserskandal? Nein, was da so farbenfroh vor den beiden schimmert, heißt Cocktail Sardo und gehört zu einem Strandbesuch im Norden Sardiniens wie Badehose und Bikini. Wenn Paolo Sardo in der Bar Li Caracòli diesen Drink mixt, kann das kristallklare, und, ja, türkis-blaue, Wasser im Hintergrund erst einmal warten.

Myrtenlikör als Basis

Sardo ist Barkeeper und steht schon so lang hinter der Theke des Caracòli, wie es die Bar gibt. Also seit über 30 Jahren. Vor ein paar Jahren hat er seinen Cocktail kreiert, bestehend aus inseleigenem Bier (namens Ichnusa), Limettensaft und Myrtenlikör. Der „mirto rosso“ ist eine äußerst aromatische und sehr typische Spirituose Sardiniens. Sie verleiht Sardos Kreation seine rötliche Farbe. „Das Rot steht für das Herz Sardiniens“, erklärt die Barlegende. Das hoffentlich nicht in die Hose rutscht – entsprechend dem Myrtenlikör, der sich unten im Glas absetzt und für das Farbenspiel sorgt.
Besuchern dürfte aber eher das Herz aufgehen. Denn das Li Caracòli liegt an einem der schönsten Strände von Sardinien. Puderweicher, heller Sand, Wasser, fast wie in der Karibik. Die von Wind und Wasser geformten Felsen wiederum erinnern an die Seychellen. Fehlen nur noch die Palmen. Stattdessen sorgen landestypische Pinien und Kiefern für etwas Schatten. Ein mediterraner Duft von Rosmarin und Lorbeer liegt in der Luft.

Das Meer schimmert in allen Blautönen.
Das Meer schimmert in allen Blautönen. Delphina Hotels and Resorts

Inseln bilden Nationalpark

Und dazu dieses Meer. In allen erdenklichen Blautönen leuchtet das Wasser – dank des kongenialen Zusammenspiels des Sonnenlichts mit den wechselnden Meerestiefen an der Nordküste Sardiniens. Im La-Maddalena-Archipel hat der blaue Planet seinen Namen jedenfalls mehr als verdient. Selbstredend, dass hier die blaue Flagge weht, das Zeichen für gute Wasserqualität zum Baden. Damit das so bleibt, wurde der Archipel mit seinen rund 60 Inseln und Inselchen zum Nationalpark erklärt.

Den Tourismus an diesem Idyll von Strand haben ausgerechnet Studenten aus Frankfurt in Bewegung gesetzt – in den Sechzigerjahren. Einen Sommer lang blieben sie hier, auf Vermittlung ihrer Studentenvertretung. Die landestypische Kultur sollten sie kennenlernen. Man erzählt sich, dass sie, bei allem Studienauftrag, vor allem der Weinkultur Sardiniens näherkamen. Von der spartanischen Genügsamkeit dieser Ära – die Aussteiger auf Zeit wohnten in provisorischen Bauwagen – ist freilich nicht mehr viel übrig. Entlang der Küste haben sich Luxushotels- und Resorts ausgebreitet, etwa die Fünf-Sterne-Resorts Valle dell'Erica oder Capo d'Orso. Die beide aber immerhin konsequent sardische Architektur aufgreifen, lokale Traditionen pflegen und den Touristen nahebringen und sich, so gut es eben geht, harmonisch ins Gelände fügen.

Strand des Hotels Valle dell'Erica
Strand des Hotels Valle dell'EricaImago

Strand der Deutschen

Und dennoch hat sich der Geist jener Tage in der beschaulichen Gegend verewigt. Denn unter den Einheimischen wird der Abschnitt zwischen Santa Teresa und Palau auch heute noch nach den ersten offiziellen Touristen benannt: Spiaggia dei Tedeschi – Strand der Deutschen. Etwas später gesellten sich auch viele Österreicher dazu.

In den Sechzigern war Paolo Sardo noch ein Bub. Doch der Kontakt mit diesen müßgiggängerischen Studenten scheint bei ihm einen positiven Eindruck hinterlassen zu haben. „Ich liebe die deutsche Sprache“, beteuert er ruhig. Ohne Hände und ohne Füße und ohne Pathos in der Stimme, entgegen dem Klischee. „Wir Sarden sind ein sehr spezielles Volk“, erklärt er und meint damit bodenständiger, ungekünstelter, pragmatischer – „vielleicht auch ehrlicher“. Den Korsen wird von den Sarden eine ähnliche Mentalität nachgesagt. Liegt die Insel doch in Sichtweite und Korsika näher als das italienische Festland. „Mit den Korsen verbindet uns vieles, vielleicht auch die Heimatliebe.“

Ehrlich ist auf jeden Fall das Urlaubserlebnis – dank des geschützten Archipels, der sich vor den Urlaubern ausbreitet. Vorbei sind die Zeiten, als Millionärs- und Diplomatensprösslinge von der berühmten Costa Smeralda herüberkamen und mit ihren Motorbooten und Jetskis die empfindliche Meeresfauna und -flora aufschreckten – und mit ihnen auch die ruhesuchenden Urlauber.

Ansturm übertaucht

Gegner der Naturschutzmaßnahmen fürchteten einen Einbruch der Übernachtungszahlen. Doch derlei wirtschaftlich düstere Szenarien blieben aus, der Tourismus hielt sich auf konstantem Niveau. Dafür erholten sich die Bestände der Meeresbewohner, beispielsweise der Delfine und Meeresschildkröten, Seesterne, Korallen und Seeanemonen. Klingt nach Paradies für Schnorchler und Taucher.
An der Nordküste ist es ruhig und überschaubar geblieben, wie eh und je. Auch dank der gestrengen Wasserwacht, die den La-Maddalena-Archipel im Auge behält und die Umweltauflagen für Schiffe und Boote. Damit das Wasser nicht irgendwann die Farbe von Sardos Cocktail annimmt.

Es gibt strikte Nutzungs- und Zonenpläne. Bei Zuwiderhandlungen drohen harte Strafen. Das Ankern vor einigen kleineren Inseln ist verboten, um die wertvollen Seegrasbestände zu schützen. Und auch der Zutritt zum eigenartigsten Strand des Archipels ist tabu: Der Spiaggia Rosa ist einzig und allein der Tierwelt vorbehalten. Seine rosa Farbe erhält er durch abgestorbene Kleinlebewesen. Was für den Urlauber kein Problem ist, denn er findet unzählige andere Buchten und Strände, an dem das Baden im kristallklaren Wasser erlaubt ist.

Tipps

Vor Ort: La Maddalena: Archipel aus mehr als 60 Inseln in der Provinz Sassari. Ist mittlerweile ein Nationalpark

Anreise: Von Wien nach Cagliari mit Austrian Airlines oder Swiss

Essen & Trinken: Das Ristorante
Li Ciusoni oberhalb des Spiaggia dei Tedeschi hat sich nach einer sardischen Pasta benannt. Die Ciusoni werden einzeln und per Hand in einem Brotkorb geformt. Nur noch wenige beherrschen dieses Handwerk. Außerdem gibt es viele weitere traditionelle Gerichte, gegrillt wird nach Art der Vorfahren, über offenem Feuer.

Wem der Sinn nach Pizza steht, geht in Santa Teresa am besten in die Pizzeria Azzurra, die sich mitten in der beschaulichen Kleinstadt mit ihrer grandiosen Lage befindet.

Übernachten: Das Fünf-Sterne-Resort Valle dell'Erica bietet günstigere
HP-Pakete, vor allem in der Nebensaison. Weitläufige, gediegene Anlage ohne Schickeria und Schnickschnack, dafür mit sardischem Charme.

Allgemeine Informationen: www.sardegnaturismo.it

Compliance: Die Reise wurde unterstützt von Delphina Hotels & Resorts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2018)

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