Vietnam: Ein neues Luxushotel im Palmenhain

The Anam besteht aus kleinen Villen umgeben von 3000 Palmen.
The Anam besteht aus kleinen Villen umgeben von 3000 Palmen.The Anam
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Luxusresort, Traumstrand, Wurzeln schlagen? Nein, nicht nur. Der Gast des The Anam soll auch die Gegend erkunden.

Ein wenig utopisch mutet sie an, die Fahrt vom kleinen Flughafen Cam Ranh in eines der neuesten Luxusresorts an der Südostküste Vietnams. Der Straßenbelag ist noch ganz frisch und auf den Verkehrsinseln blüht es in leuchtenden Farben. Die Sanddünen, die sich vor wenigen Jahren hier noch breitgemacht haben, sind in den Hintergrund gedrängt, aber viel ist noch nicht los. Auf der Halbinsel entsteht gerade ein Urlauberkomplex neben dem anderen, alle in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung. Wie eine Allee säumen sie den Weg, und gerade bei Nachthimmel erinnern die kühl beleuchteten Baustellen an eine Welt, die man eigentlich hinter sich lassen wollte. Die halb fertigen Betonformationen rauben für einen Moment das Idyll – auch bei der Rückfahrt.

Wenigstens wurde den Bauherren eine Obergrenze von 24 Stockwerken auferlegt, die dann zum Teil natürlich auch ausgereizt wird. Nicht so im The Anam, hier wird auf bauliche Tradition gesetzt: Das üppig begrünte Resort besteht hauptsächlich aus kleinen, ebenerdigen oder zweistöckigen Beachvillen, insgesamt sind es mehr als 100. Dazu wurden mehrere Restaurants unterschiedlicher Ausrichtung, ein unaufdringlicher Spa-Bereich, Poollandschaften und ganz am Ende auch ein vierstöckiges Hotel mit einem 3-D-Kino mitten in einen Hain aus etwa 3000 Palmen gesetzt. Bei der Gestaltung hat man sich modern am Kolonialstyle orientiert: Die dafür typischen Hölzer wurden aus dem Norden hergeschafft, allein das soll mehrere Millionen Dollar gekostet haben. Für Details wie Lampen und Fliesen, deren auffälligen Mustern man überall begegnet, wurden Fotografien und Skizzen alter Originalbauten gesichtet. Blühende Frangipani-Bäume vor jeder Villa verstehen sich da fast von selbst. Wer eben erst dem Moloch einer Großstadt entkommen ist, dem wird hier wohl leicht „Paradies“ über die Lippen gehen.

Der Aufwand, mit dem The Anam errichtet wurde, ist durchaus bemerkenswert. Überhaupt war es das erste Projekt an diesem bis vor Kurzem noch unerschlossenen Traumstrand, dem etwa 30 Kilometer langen Long Beach. Durch eine Bauzeit von vier Jahren waren andere dann doch schneller mit der Eröffnung. Warum dieser Streifen Natur so lang brachlag, mag seinen Grund auch in der Geschichte Vietnams haben: Allein das Militär nutzte ihn jahrzehntelang als Übungsgebiet, davor war er eine Landezone der Amerikaner.

Vietnam.
Vietnam.(c) Grafik, Die Presse

Wer sich dem Luxusresortalltag entziehen möchte, hat dennoch keinen allzu weiten Weg vor sich. Etwa 20 Kilometer nördlich liegt die Stadt Nha Trang, in der sich tagsüber eine halbe Million Menschen tummeln. Allein hier gibt es für den Gast schon viel zu entdecken.

Nha Trang in Nahaufnahme

Auch Ausflüge zu den Zielen im Umland kann man in Nha Trang gut starten. Freilich werden solche Trips auch direkt vom Resort angeboten. Dann durchaus anlassbezogen, wie ein Besuch in den Ateliers jener Künstler, deren Gemälde und Fotografien für den Wandschmuck in der Unterkunft sorgen. Hier weckt vor allem die Geschichte des Fotografen Mai Loc Interesse. Er war ein Fahrradbote aus ärmlichen Verhältnissen, als er sich Mitte der 1990er-Jahre mit einem norwegischen Touristenpaar anfreundete. Als Gäste seiner Hochzeit kamen sie zwei Jahre später wieder und schenkten ihm eine Fotokamera. Es war eine sonderangefertigte Canon mit Solarzellen, da der arme Fahrradbote kein Geld für Batterien übrig hatte. Mit seinen Fotografien einfacher Menschen bei alltäglichen Arbeiten am Meer oder mit ihren vom Leben gezeichneten Gesichtern in Nahaufnahme erlangte Mai Loc schließlich Bekanntheit. Sogar ein norwegischer Dokumentarfilm befasst sich mit seinem Werdegang – eine rührende Geschichte.

Auch weil Mai Loc bescheiden geblieben und sich nicht zu schade ist, selbst in seinem kleinen Verkaufsatelier in Nha Trang zu stehen und sogar den Käufern, die nur kleine Postkarten erstehen, sein Autogramm draufzusetzen. Weitere Talente bleiben nicht verborgen, wenn der gut gelaunte Fotograf mit einem Stück Plastikfolie auf den Lippen exotische Vogelgesänge imitiert – so realistisch, dass man sich kurzzeitig ins Tropenhaus versetzt fühlt. Der Effekt wiederholt sich später beim Verlassen der klimatisierten Räumlichkeit.

Potpourri an Kultstätten

Für die meisten Vietnamesen sind Mopeds das Fortbewegungsmittel schlechthin, und so brausen sie auch in Nha Trang damit die Straßen entlang, anscheinend nur den Gesetzen des Schwarms folgend. Wer sich als ungeübter Zweiradfahrer das nicht zutraut, muss auf dieses Erlebnis aber nicht verzichten. Bei einer Vespa-Tour nimmt man bequem auf dem Sozius platz. Der Fahrer ist gleichzeitig Tour-Guide und versorgt einen während der Fahrt mit den wichtigsten Infos. Das kann – abhängig von den Englischkenntnissen der Beteiligten – ganz gut funktionieren. Berührungsängste werden dabei auch gleich abgelegt, denn die Straßen sind in der Regel recht „bumpy“. Auch auf der Fahrt zum etwas abgelegenen Tempel Phap Vien Thanh Son.

Wer glaubt, schon alle Arten von Götterstätten gesehen zu haben, wird hier eines Besseren belehrt. Ein Mönch, der jahrelang auf Reisen war, begann nach seiner Heimkehr mit dem Bau seines eigenen Tempels. Darin verarbeitete er all die Eindrücke, die er in fremden Ländern gewonnen hatte, sodass der Besucher ein obskures Potpourri an Kultstätten betritt – mitten in den Wald hineingebaut. Auf verschlungenen, gepflasterten Wegen begegnet man Figuren aller erdenklichen Gottheiten, dazwischen tauchen Fabelwesen auf. Säulen, Schreine, Minipagoden – einmal mehr, einmal weniger mit Bäumen verwachsen. Plötzlich Pfaue mit aufgeschlagenem, ultramarinblauem Federkleid, dann Rehe mit Laseraugen, die einem zublinzeln. Auch ein Wasserfall hat leuchtende Augen. Leiser Ritualgesang der Mönche tönt aus Lautsprechern und rundet das hypnotische Erlebnis ab. Es ist das Disneyland unter den Tempeln, seit zehn Jahren im Entstehen und kein Ende absehbar. Hier fließt und leuchtet alles – im wahrsten Sinn des Wortes.

Eine ebenso leuchtende Erfahrung ist die nächtliche Tour durch Nha Trang: Auf dem Sozius muss man sich nicht um den hektischen Verkehr kümmern und entdeckt dafür die vielen Facetten der Stadt. Mitten am kilometerlangen Sandstrand fällt ein luxuriöser Beach Club auf (der alteingesessene Sailing Club). Dort dröhnt die Musik schon kurz nach Sonnenuntergang so laut, dass eine Unterhaltung schwerfällt – Ablenkung bietet eine schier endlose Getränkeliste. Bei der Gestaltung einer nahen Rooftop-Bar (Skylight) als Sahnehäubchen eines 43-stöckigen Hochhauses wurde auch ordentlich geklotzt. Das junge Publikum dankt mit ausgelassener Stimmung schon weit vor Mitternacht und gut gefüllter Tanzfläche.

Feierabendoase am Flussufer

Das andere Nha Trang, in dem sich das Leben in niedrigen Häusern entlang staubiger Straßen abspielt, liegt mit dem Motorroller nur wenige Fahrminuten entfernt. Wer sich immer noch nicht an das allgegenwärtige Streetfood herangetraut hat, sollte jetzt die Chance ergreifen – die ortskundigen Tour-Guides sorgen dafür, dass die Qualität stimmt und auch keine Diskrepanz zwischen der Bestellung und den servierten Gerichten aufkommt. Mit etwas Glück landet man auch in einem großartigen Lokal wie der Sunshine Bar. Direkt am Fluss betreibt ein junges Paar aus Japan eine kleine Feierabendoase, in der sich nicht nur der Sonnenuntergang genießen lässt. Neben Sapporo-Bier vom Fass überraschen vor allem die delikat servierten Speisen. Traditionelle Küche trifft Fusion – und beides den Geschmack. Darüber hinaus schaffen die Betreiber, Yuki und Shohei, mit ihrer Art eine Atmosphäre, die zum Bleiben einlädt und den Sonnenschein bis zur Sperrstunde bewahrt.

LED- und Neon-Schein erhellen dann die Straßen von Nha Trang, auf denen das Leben nie ganz zur Ruhe kommt. Ein Grundrauschen ist vernehmbar, und die Stadt wächst schnell. Davon zeugen viele Rohbauten, an denen auch nachts gearbeitet wird. Zurück im Luxusresort rauscht es auch – wenn der Nachtwind durch die Blätter des Palmenwaldes fegt und nur zwischendurch von der Meeresbrandung übertönt wird.

Gut möglich, dass auch im The Anam wieder Neues zu erkunden ist, etwa quer durch die Küchen der Restaurants. Für die laufende Erweiterung des Angebots sorgt General Manager Herbert Laubichler-Pichler. Der gebürtige Filzmooser ist ein ebenso erfahrener wie weit gereister Profi – und wenn sein Terminplan es erlaubt, verbringt er auch Zeit mit seinen Gästen. Dabei erweist er sich als leidenschaftlicher Gastgeber, etwa im jüngst eröffneten Fine-Dining-Lokal (The Colonial) im Zentrum des Resorts. Der Charme und der Chic des historischen Indochina leben hier auf, unterfüttert von dezenter Klaviermusik. In einer illustren Runde lässt dann ein vietnamesischer Geschäftsmann eine moderne Weisheit vom Stapel: Die beste Ausbildung machst du in den USA, für das beste Gehalt gehst du nach Asien, und um dein Geld am besten auszugeben, fliegst du nach Europa. Als Europäer mag einem das schmeicheln. Allerdings fühlt es sich anders an, wenn man einfach nur nach Hause fliegt – sein Geld hat man ja schon ausgegeben.

AM LANGEN STRAND

Flug: via Paris/Hanoi nach Cam Ranh

Übernachten: The Anam Vietnam, Luxusresort am Long Beach, bei Cam Ranh, www.theanam.com

Unterwegs: Mit der Vespa durch Nha Trang, www.nhatrangvespatour.com

Einbremsen: für die Sunshine Bar, www.facebook.com/sunshinebar.nhatrang

Region: www.discover-nhatrang.com

Compliance Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von The Anam.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2018)

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