Paddeln in Norwegen: Vom Sund durch den Fjord

Hardangerfjord
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Eine geführte Seekajaktour auf dem Hardangerfjord ist auch für Anfänger geeignet.

Lachen die Möwen über uns? Mit den um den Bauch gebundenen Spritzdecken sehen Paddler an Land ja aus, als hätten sie einen Minirock aus Lkw-Planen an. Aber es schützt vor dem typisch norwegischen Wetter: wechselhaft mit Schauerneigung. Ausgangspunkt der Tour ist das Dorf Porsmyr. Hier laden wir die Boote vom Hänger, verstauen Proviant, Zelte und Schlafsäcke in wasserdichte Packsäcke und setzen gemeinsam die Seekajaks in den Fyksesund ein: einen der Nebenarme des mächtigen Hardangerfjords.

Nach der ausführlichen Einweisung für Anfänger am Vortag finden die Teams in den Zweierkajaks schon nach wenigen Minuten einen gemeinsamen Rhythmus. Unter immer besser abgestimmten Paddelschlägen schweifen die Blicke über die steilen, unzugänglichen Ufer. Immer tiefer geht's in den kleinen Fjord. Grauerlen und Kiefern krallen sich mit scheinbar magischen Kräften an stellenweise senkrechten Felsenwänden fest. An diesen sind oft die Schleifspuren und Riefen zu sehen, die der Gletscher einst hinterlassen hat. Gefühlt im Minutentakt ergießen sich Wasserfälle. Mit aufgesetzter Kapuze paddeln Wagemutige sogar direkt unter einigen hindurch, ohne wirklich nass zu werden – Spritzdecken sei Dank.

An seinem Ende läuft der kleine Fjord sanft aus. Im Talkessel stehen verstreut einige Holzhäuser, zu sehen ist niemand. Botnen heißt dieser romantische Ort – ein idealer Platz für unser Nachtlager. In der Wildnis zu campen ist in Norwegen erlaubt, das besagt das Jedermannsrecht. Nach dem Anlanden ist Teamwork angesagt, beim Zelteaufstellen wie beim Kochen. In den kommenden Nächten werden wir in Zelten schlafen, aber meist auf Campingplätzen. Botnen ist schon lang nicht mehr bewohnt, die Häuser sind Feriendomizile. „1907 wanderte die ganze Dorfgemeinschaft nach Amerika aus, um der Armut zu entfliehen“, erzählt Geirmund Nes, der einen Campingplatz am Rand von Norheimsund am Ufer des Hardangerfjords betreibt. In der zwölften Generation besitzt seine Familie ein Holzhaus von 1620. „Und die Eiche auf der Anhöhe hat noch das Bootshaus gesehen, an dem die Wikinger am Hardangerfjord angelegt haben.“

Drei bis sechs Stunden sind wir täglich auf dem Wasser unterwegs. Angst vor dem Kentern hat bald keiner mehr. Alle verfeinern ihre Paddeltechnik Tag für Tag, in manchen Momenten gleiten wir nahezu meditativ über das Wasser, das mehrere Hundert Meter tief sein kann. Immer wieder gibt's Landgänge und Abstecher in Seitenarme, etwa den Osa Fjord, den nordöstlichsten Ausläufer des Hardangerfjords, wo das Hardanger-Basecamp steht, mit Holzjurten inmitten von Birken. Nach Nächten in Schlafsack und Zelt erscheint manchen ein richtiges Bett als Segen. Aber nicht allen.

Infos: www.club-aktiv.de 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2018)

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