Eintopf oder Entenkeule?

Eintopf oder Entenkeule? Die Erkennbarkeit des toten Tiers und seiner Körperteile scheidet die Deutschen von den Franzosen.

Vergangene Woche, bei Freunden in Straßburg zu Gast, er Franzose, sie Deutsche, kamen wir am Abendtisch auf ein mir bisher nicht bewusstes Phänomen zu sprechen. „Die Deutschen mögen es nicht, wenn sie klar erkennbare Körperteile von Tieren serviert bekommen“, sagte mein Gastgeber. Östlich des Rheins bevorzuge man Wurst und Eintopfgerichte, also Speisen, bei denen man nicht optisch daran erinnert wird, dass hier ein Lebewesen (oder deren mehrere) verarbeitet wurde. In Frankreich hingegen müsse das Tier, beziehungsweise müssten seine Körperteile, auf dem Teller klar erkennbar sein. Außerdem wollten die Deutschen ihre Braten stets komplett durchgegart, bis knapp an die Grenze der Schuhsohlenhaftigkeit, während es die Franzosen blutig mögen, der Erhaltung der Aromen wegen.

Zur Illustration seines Arguments erzählte mein Freund davon, wie er seinen Schwiegereltern erstmals Confit de canard auftischte, also im eigenen Fett gebratene Entenkeule. Die muss innen zartrosa bleiben, sonst ist das ein unerfreulich trockenes Unterfangen. Seitens seiner deutschen Verwandten sorgte der Anblick dieses recht archaisch wirkenden Gerichts für den Anflug gastronomischer Panik. Sie aßen tapfer, seither jedoch hütet sich mein Freund bei der Vorbereitung von Familienessen vor allem, was eine kulinarische Zumutung sein könnte. Woran dieser Unterschied liegt, konnten wir nicht ergründen. Vielleicht ist Helmut Kohls Aperçu, entscheidend sei, was hinten rauskomme, den Deutschen auch gastronomisch in die Volksseele gerückt?

oliver.grimm@diepresse.com


Nächste Woche:
Timo Völker

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2017)

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