Vasallentum

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Themenbild zum BrexitAPA/AFP (NIKLAS HALLE'N)
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Das britische Wort des Jahres 2018 trifft einen sehr wunden Punkt.

Eine der vielen Ironien des Brexit ist, dass die einstige Weltmacht Großbritannien nun fürchtet, was sie über Jahrhunderte andern angetan hat: Auf den Status eines abhängigen Territoriums ohne Mitspracherecht über das eigene Schicksal erniedrigt zu werden.

Eine andere ist es, dass justament jene, die am meisten getan haben, Großbritanniens Status als gleichberechtigtes Mitglied in der größten Wirtschaftszone der Welt zu zerstören, am lautesten über das angeblich drohende Vasallentum ihres Landes nach dem EU-Abgang klagen.

Eine weitere ist es, dass das derzeit allgegenwärtige englische Wort „Vassalage“ vom französischen Erzfeind stammt und mit Durchsetzung des Feudalismus auch jenseits des Ärmelkanals gebräuchlich wurde. Es beschreibt die schöne Praxis, wonach ein Gutsherr Gefolgsleuten Land zur Nutzung überlässt, samt Bevölkerung.

Direkt dieser heilen Welt zu entstammen scheint Jacob Rees-Mogg, der konservative Brexit-Hardliner, der jeden Entwurf einer Vereinbarung mit der EU als „Vasallentum“ brandmarkt. Nicht das Prinzip stört seinesgleichen, sondern die Angst, plötzlich auf der falschen Seite zu stehen. Warum Verträge schmieden, wenn man „Britannia, rule the waves!“ trompeten kann?

Ebenso geschichtsverliebt ist Ex-Außenminister Boris Johnson, der zu seinem Rücktritt warnte: „Niemand will eine Kolonie sein“. Ein Hinweis, den Kronanwalt Philippe Sands wenig später in der Rechtssache Mauritius versus Großbritannien vor dem Internationalen Gerichtshof dankbar aufgriff. Das Urteil folgt dieser Tage.

aussenpolitik@diepresse.com


Nächste Woche:
Jutta Sommerbauer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2019)

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