Der Fluch des Overtourism

Der Massentourismus bringt Probleme mit sich.
Der Massentourismus bringt Probleme mit sich.APA/dpa-Zentralbild/Stefan Sauer
  • Drucken

Der Fluch des Overtourism sollte mehr Beachtung finden. Die Niederlande zeigen hier den Weg vor.

Vermutlich haben Sie vergangene Woche auch dieses Video des Kreuzfahrtschiffs gesehen, das vor Venedig in ein Pier und ein Ausflugsschiff krachte. Wollte man die Überbelastung durch den Massentourismus illustrieren, hätte man dies kaum pointierter tun können.

Viel ist bereits über dieses Phänomen des „Overtourism“ geschrieben worden und den wachsenden, bisweilen militanten Widerstand lokaler Einwohner gegen den überwältigenden Fremdenverkehr. Dieser erfasst nicht nur bestimmte Orte, sondern auch bestimmte Zeiten: Als wir Ende April das angenehm schütter besuchte Korsika bereisten, waren neben den üblichen autonomistischen Graffiti auch zahlreiche zu sehen, die pauschal alle Touristen zum Teufel wünschten. Im Juli und August ist diese prachtvolle Insel schlichtweg zu voll; ich würde sie dann nicht besuchen wollen.

Manchmal denke ich mir, dass die nachhaltige Steuerung des Tourismus einen viel höheren Stellenwert haben sollte. Herkömmliche Fremdenverkehrspolitik zielt nur darauf ab, noch mehr Touristen ins Land zu holen. Wohin das führt, kann man nicht nur in Venedig, sondern auch in Dubrovnik oder auf Island sehen. Die Niederländer haben, wie so oft, dieses Problem als Erste ernsthaft angepackt und planen, die aktive Bewerbung ihrer touristischen Hits nach und nach zu beenden. Den Gästen sollen weniger stark besuchte, aber nicht weniger interessante Orte schmackhaft gemacht werden. Daran sollte man sich in ganz Europa ein Vorbild nehmen – nicht nur dort, wo die Kreuzfahrtplage wütet.

oliver.grimm@diepresse.com

Nächste Woche: Timo Völker

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

OBEROeSTERREICH: MURE IN HALLSTATT
Österreich

Hallstatt zieht Notbremse und beschränkt Touristenbusse

Die oberösterreichische Gemeinde wehrt als erster Ort Österreichs Besucher ab. Busunternehmen müssen künftig Slots kaufen.
Einmal für die Kamera in Hallstatt posieren, das gehört für viele asiatische Touristen zu einem Österreich-Besuch dazu.
Tourismus

Hallstatt: Wenn der Bus draußen bleiben muss

Nach Salzburg lässt jetzt auch Hallstatt nicht mehr jeden Touristenbus parken. Das könne bei den wachsenden Gästemassen nur der erste Schritt sein, sagen Experten.
Erste Konflikte zwischen Gast und Gastgeber haben wir in den 80ern gelöst, sagt Pechlaner. Das ist heute das Problem.
Österreich

„Die Touristen sind immer die anderen“

Wir haben den Zorn der Bereisten zu lange ignoriert, sagt Tourismusforscher Harald Pechlaner. Jetzt, da die Massen kommen, brauche es schnell Pläne. Warum Europa am stärksten betroffen ist – und das Weltkulturerbe alles verschlimmert.
Archivbild, aufgenommen vergangenen Juni in Haltern am See (Deutschland).
Feuilleton

Wer über Massentourismus klagt, droht zu heucheln

Meist rümpfen nur gut Situierte über zu viele Reisende die Nase. Wollen sie womöglich ihr Privileg zurück?
Wie schön ist Twillingate. Der Ort in Neufundland ist die Hauptstadt der Eisberge. Der Andrang hält sich in Grenzen.
Reise

Schon wieder Venedig? Von den anderen Urlaubsorten

Urlaub in Zeiten von Übertourismus: Was rechtfertigt diesen Druck, alle Sehenswürdigkeiten sehen zu müssen? In Wahrheit müssen wir gar nichts, außer Respekt vor dem Ziel und vor den Menschen vor Ort zu zeigen. Ganz gleich, wo man am Ende landet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.