Fünfkampf: Wiener Sommerspiele

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Wuzzeln, Minigolf und so: Unser Fünfkampf lässt
klassisch-olympische Disziplinen ziemlich konventionell aussehen.

Degenfechten, Bodenturnen, Kugelstoßen – die Olympischen Spiele in Bejing starten am 8. August. Doch die Wiener machen sich ihre eigenen Sommerspiele – in ihren eigenen, originelleren Disziplinen: fünf Sportarten, die es in sich haben, die nicht nur sportlichen Ehrgeiz zum Vorschein bringen, sondern auch Standfestigkeit, Teamgeist und Charakter fordern. Naja, ein bisschen wenigstens.

Boule

Statt Köpfe rollen beim Boule Kugeln. Die Bahn misst 15 bis 20 Meter, möglichst eben soll sie sein. Die Kugeln bestehen aus Stahl und haben die Größe eines Apfels. Das Wichtigste in diesem Spiel ist aber eine kleine Holzkugel, die seltsamerweise Schweinchen heißt: le cochonnet. Und dieses Schweinchen ist das Ziel.

Boule, Boccia, Pétanque – diese eingewienerte Sommerspiele-Disziplin hat viele Namen. Auf Provenzalisch heißt sie zum Beispiel Pétanco – mit fest verankerten Füßen. Das sagt auch schon, worauf es beim Bewerb ankommt: Beide Beine müssen sich richtiggehend im Boden verwurzeln.

Wer glaubt, Boule oder Pétanque sei ein sommerlicher Zeitvertreib für französische Pensionisten, die mit heftigem Palaver Metallkugeln durch die Luft werfen, der irrt gewaltig. Denn so mancher Profi geht schon am Start in die Knie – um dann aus der Hocke heraus die Kugel des anderen wegzudrücken. Gefinkelt.

Leichter macht es eine Bahn mit sandigem Boden, da kann man die Kugeln richtig schön hinlegen. Und den anderen hereinlegen. Boule ist eben ein Spiel, bei dem es unter heftigem Geplapper und begleitet von einem guten Glas Wein in Wirklichkeit nur um eines geht: den anderen auf möglichst elegante Art auszutricksen.
Austragungsorte: u. a. Museumsquartier, Summerstage, Donaupark, Volksgarten Pavillon, Gmoakeller, Wasserpark, Rosenhügel.

Minigolf

Während man beim Boule lernt, mit beiden Beinen fest am Boden der Tatsachen zu bleiben, lehrt einen das Minigolf, Hindernisse gekonnt zu nehmen. Es ist schließlich alles andere als ein Kinderspiel, selbst wenn Minigolfplätze mit ihren liebevoll herausgeputzten Details oft an Kinderpielplätze erinnern. Sieht man einem Profi zu, der auf jeder Bahn einen eigenen Schläger ins Spiel bringt und den Ball mit einem einzigen Schlag ins Loch bugsiert, weiß man, dass Minigolf zu den Präzisionssportarten zählt.
Dieses Geschicklichkeitsspiel verlangt nicht nur gutes Augenmaß, sondern auch ein größeres Koordinationstalent: Die Hindernisse steigern sich, Handicaps gibt es zur Genüge, und wer in der Schule aufgepasst hat, und sich daran erinnert, dass Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel bedeutet, hat eindeutig einen Vorteil. Meist sind es jedoch die Mitspieler, die versuchen, einem Steine in den Weg zu legen. Also ein Auge auf den „Feind in meiner Bahn“ heften, das kann nicht schaden.
Austragungsorte: u. a. im Prater, Böhmischen Prater, Wasserpark.

Segeln

Taktik, Technik, Trimm und Tricks – Sylvia Vogl und ihre Vorschoterin Carolina Flatscher kennen das – schließlich haben sich die beiden für Olympia qualifiziert. Sie werden im August vor der Stadt Qingdao den Wind einspannen und ins Ziel schießen, als gäbe es nichts Einfacheres. Wiener machen es ganz ähnlich an der Alten Donau – und halten den beiden Seglerinnen natürlich die Daumen.

Beim Segeln scheiden sich die Geister, grundsätzlich gibt es da zwei Typen von Wettkämpfern. Die einen betreiben die Seglerei eher als eine Form von „Wassercamping“; man segelt gemütlich von A nach B oder geht gleich vor Anker, weil es so schön ist. Segler wie diese rangieren bei den Wiener Sommerspielen außer Konkurrenz beziehungsweise höchstens in einer Beauty-Kategorie: Beim Wassercampen braucht man nur eine gute Figur und einen Bikini, der diese betont. Dazu einen Steuermann, der immer dann wendet, wenn die andere Seite gebräunt werden soll.

Seglertyp Nummer zwei sucht hingegen die Herausforderung des Regattasegelns, den Kitzel beim Start, die Aufregung, wenn man um die Tonne geht. Dazu kommt das Spiel mit Wind und Wasser, Sportsgeist und Teamfähigkeit. Auf der Alten Donau weht immer wieder guter Wind. Schnell auftakeln!
Austragungsorte Alte Donau: u. a. die Segelschulen Hofbauer, Irzl oder Dibl.

Federball

Zwei Schläger, ein gefiederter Ball, eine Wiese, irgendwo zwischen Himmel und Donauinsel – mehr braucht man nicht zu diesem Bewerb. Praktisch. Federball hat noch einen positiven Effekt: Während man sich darauf konzentriert, das Wurfgeschoß ständig in der Luft zu halten, setzt man alle Muskeln in Gang, läuft, sprintet, bückt sich, ohne es zu bemerken. Schnell, wendig und schlagkräftig muss man sein, einen Blick für Geschwindigkeit und Wurfparabeln haben oder zumindest eine Vorahnung, wohin es den Ball trägt.
Apropos vom Winde verweht: Eine steife Wiener Brise ist die einzige Missgunst, die einem bei dem Spiel widerfahren kann.
Austragungsorte: u. a. Prater, am Himmel, Augarten, Burggarten.

Wuzzeln

Außerhalb Österreichs muss man das Wuzzeln erst einmal erklären. Man kann es mit soccern (so nennen es die Profis) versuchen, krökeln (so bezeichnen es die Athleten in Hannover), Foosball (so sagen sie in Südafrika, England und Frankreich dazu), kickern (so verstehen sie es in ganz Deutschland) oder Tischfußball. Also Wuzzeln. Vielleicht ist Österreich darin ja besser als am realen Rasen.
Der ideale Ort dafür: etwa das Cafè Steppenwolf. Dort trifft man auch ab und zu die Wienerin Verena Rohrer, die bei den World Championship 2007 gleich zwei Weltmeistertitel erwuzzelte. Kein Wunder bei ihrer Motivation: „Mein Motto ist, den Männern die Hölle heiß zu machen.“

Beim Wuzzeln kommt es nicht nur auf die Kunstfertigkeit an, mit den kleinen Plastikmännchen zu hantieren, sondern auch auf die speziellen Wuzzel-Tische: „Bei uns wird der sogenannte Garlando bevorzugt, bei den Amerikanern der Tornado.“
Verena Rohrer meint, man sei „auf dem Tisch geboren“. Will heißen: Hat man auf einem Garlando gelernt und ist ein Meister darin geworden, den Ball mit den Füßen einzuklemmen, so wird es auf einem anderen Tisch unmöglich sein, dieses Kunstwerk zu vollbringen.
Wie auch immer: Wenn es gelingt, dem Gegner ein Tor hineinzudonnern, durchfährt einen ein richtiger Adrenalinstoß. Immer. Ganz unabhängig vom Wuzzel-Tisch.

Austragungsorte: u. a. Café Heumühle, Café Steppenwolf, Debakel, Down Under, Bandoras Box, Flex, Shelter, Glasfabrik.

TRAINING

Boule
Regeln, Plätze und Bauanleitung für die eigene Bahn:
www.boule.at

Minigolf
Große Übersicht über Plätze und Vereine:
www.minigolf-web.at

Segeln
Segelschulen (Auswahl):
www.hofbauer.at
www.irzl.at
www.dibl.at

Federball
www.himmel.at
www.kultur.park.augarten.org

Wuzzeln
Tipps von Profis:
www.tischfussball-thiele.de
Tischfußball-Tricks:
www.youtube.com
Wettkämpfe:
www.tfboe.org
Wuzzel-Arenen:
www.cafesteppenwolf.at
www.glasfabrik.at


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