Fair, respektvoll, ökologisch, mustergültig

Bulungula Lodge
Bulungula Lodge Rainer Heubeck
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Die Bulungula Lodge an der südafrikanischen Wild Coast ist ein Vorzeigemodell für fairen Tourismus. Alles stimmt: die Ökobilanz, die Besitzverhältnisse und die nach sozialen Kriterien vergebenen Arbeitsplätze.

Wasser holen, Brennholz sammeln und Maiskörner mahlen – wer den Xhosa-Ort Nqileni an der südafrikanischen Wild Coast besucht, erlebt den Alltag der Dorfbewohner hautnah. Und stellt gleichzeitig fest, dass Fair Trade auch im Tourismus funktioniert: Die Dorfbewohner sind Mitbesitzer der Lodge, die Gemeindeversammlung vergibt die Arbeitsplätze nach sozialen Kriterien, und dank Solaranlage und Komposttoiletten stimmt auch die Ökobilanz.

Wer die Lodge besuchen will, fährt von East London aus Richtung Osten. Zuerst durch die Ciskei, dann über die Kei-Brücke und dann, weiter auf der Nationalstraße 2, quer durch die Transkei, ein früheres Homeland, das erst seit 1994 wieder zu Südafrika gehört. In der Transkei und in der Ciskei leben die Xhosa, einer der größten südafrikanischen Stämme. Touristisch ist die Region eher unerschlossen. Doch Tourguide Velile Ndlumbini will uns davon überzeugen, dass sich ein Besuch lohnt.

In der Lodge an der Mündung des Bulungula River in den Indischen Ozean wartet Kululwa Dodwana, eine junge Frau aus der Xhosa-Ortschaft Nqileni, die uns mit ihrer Freundin Ntomboxolo Blesi das nahegelegene Dorf und die Traditionen der Xhosas zeigen will. „Ich habe vier Schwestern und vier Brüder“, sagt Kululwa Dodwana auf Englisch. „Und zwei Söhne, sieben Jahre und vier Monate alt.“ Woher sie Englisch kann? „Von den Besuchern. Als ich das erste Mal Gästen mein Dorf gezeigt habe, konnte ich nur Xhosa. Gesprochen habe ich mit Händen und Füßen.“

Holz sammeln, Wasser holen

Vierzig Minuten dauert der Spaziergang auf schmalen Pfaden den Hang entlang, dann weg von der schönen Küste, hinein ins hügelige Grasland, vorbei an weidendem Vieh. Im Dorf werden wir in eine Hütte geführt. Frauen sitzen rechts, Männer links, das ist Tradition. Kinder springen umher. Kululwa Dodwana will den Alltag der Xhosa zeigen, also wird keine Geiß, kein Ochse geschlachtet – es gibt Maisbrei mit Spinat. Kululwa zeigt uns ein Wäldchen in der Nähe und lässt uns Holz sammeln. „Das ist traditionell Frauenarbeit, die Männer sind oft für längere Zeit weg, sie arbeiten in den Goldminen bei Johannesburg. Zwei meiner Brüder sind dort“, sagt Kululwa. Für das Kochen fehlt nur noch das Wasser, das vom Brunnen geholt werden muss. Um die Kübel besser auf dem Kopf tragen zu können, bindet man uns einen Turban um. Zehn Touristen mit Wassereimern auf dem Kopf – in Nqileni sind die Bewohner diesen Anblick inzwischen gewöhnt. Sie grüßen freundlich, niemand fragt nach Geschenken. Mit Wasser und Brennholz treffen wir uns wieder in der Rundhütte der Xhosas. „Unsere Häuser sind rund, damit sich keine Geister in den Ecken verstecken können“, erklärt Tourguide Velile Ndlumbini. Kululwa Dodwana bringt inzwischen Maiskörner, streut sie auf einem großen flachen Stein aus und beginnt, den Mais mit einem rund 25 Zentimeter langen, ovalen Stein zu zerdrücken und zu zerreiben. Jetzt noch Spinat aus dem Garten holen, die Blätter säubern und schneiden, an der Kochstelle ein Feuer entfachen – die Mühe hat sich gelohnt. Am Nachmittag kehren wir zurück zur Bulungula Lodge. Mit Blick auf die anrollenden Wellen des Ozeans erklärt uns Dave Martin, der Gründer, das Konzept der ungewöhnlichen Unterkunft, die vor allem bei Individualreisenden und jungen Familien beliebt ist – kleine runde Hütten mit Schilfdächern. „Die Lodge gehört zu sechzig Prozent mir und zu vierzig Prozent der Gemeinde. Alle Personalentscheidungen trifft die Gemeindeversammlung, sie wählt aus, wer hier arbeiten kann. Dabei spielen soziale Kriterien eine große Rolle – fast alle Frauen, die wir beschäftigten, sind Witwen.“ Per Vertrag ist festgelegt, dass die Lodge nach vierzig Jahren komplett ins Eigentum der Gemeinde übergehen wird. Die Lodge bezieht die Bewohner der umliegenden Dörfer mit ein – sie ist einer der ersten Tourismusbetriebe in Südafrika, der ein Fair-Trade-Siegel erhalten hat. Eine Lodge, die dem ganzen Dorf mit gehört, diese Form von „All inclusive“ braucht weder einen Zaun noch einen Wachmann. Ja, nicht einmal Zimmerschlüssel.

MEHR FAIR TRADE

Anreise: mit South African Airways von Frankfurt und München nach Johannesburg. Flysaa.com oder über BFS Touristik, Opernring 1/R/8, 1010 Wien, +43/(0)1/587 15 85. Weiterflug nach East London oder Umtata. Auf bulungula.com finden sich weitere Hinweise für die Anreise. Eine Hütte mit Doppelbett kostet rund 33 Euro.

Fair-Trade-Tourismus in Südafrika: www.fairtourismsa.org.za.

Der Autor wurde von South African Airways und South African Tourism unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2013)

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