Rückbesinnung auf die Bescheidenheit

Eine Auktion von Designobjekten soll den Impuls für die Aufarbeitung einer Epoche geben.

Wenn am 29.Februar im Palais Dorotheum bei der Auktion „Austrian Design“ etwa 170österreichische Designobjekte aus der Zwischen- und Nachkriegszeit versteigert werden, könnte dies den Startschuss für neue forscherische Anstrengungen bedeuten. Wenigstens, wenn es nach den Initiatoren geht: Maßgeblich betrieben wurde das Projekt von einer Spezialistenallianz namens „Design Tradition“, hinter der die Händler von Lichterloh, Kunsthandel Kovacs und Rauminhalt stehen.

Vor vier Jahren haben die Spezialisten unter dieser Dachmarke zusammengefunden, um ihre Anstrengungen zu fokussieren und fragmentarisches Wissen zu komplettieren. „Als Händler zäumen wir gewissermaßen das Pferd von hinten auf“, meint Markus Pernhaupt von Lichterloh und verweist zugleich auf das Fehlen von systematischer Forschung über diesen Abschnitt der Designgeschichte. „Es gibt aber wenig Literatur und kaum Experten, bei denen man für die eindeutige Zuordnung von Objekten anklopfen kann. Wenn die historische Aufarbeitung jetzt anspringt, wäre das auch der Marktsituation förderlich.“

Interesse auf Kundenseite bestehe auf jeden Fall, bestätigt die verantwortliche Expertin des Dorotheums, Gerti Draxler. Um die 50österreichische Objekte kommen schon jetzt bei den zwei jährlich stattfindenden Designauktionen des Hauses unter den Hammer („Das möchte ich auch so beibehalten, weil es für eine österreichische Institution einfach dazugehört“), mit der Austrian-Design-Auktion wende man sich dezidiert an ein internationales Publikum – Privatpersonen, Händler, Museen und Innenausstatter. „Viele Entwürfe können in direktem Vergleich zu skandinavischem Design derselben Zeit gesehen werden“, argumentiert Draxler und erwähnt den 1933 nach Stockholm emigrierten Architekten Josef Frank als Bindeglied.

Während als Charakteristikum des skandinavischen Designs oft seine Schlichtheit genannt wird, kommt Möbelfachmann Christian Witt-Dörring ein anderer Begriff in den Sinn, denkt er an österreichische Arbeiten jener Zeit: „Charakteristisch ist ihre Bescheidenheit, zugleich die Qualität in der Formgebung und handwerklichen Ausführung – ohne alles Modische, sondern Qualität von einer grundsätzlichen Natur, auf die man in schwierigen Zeiten zurückkommt.“ Wie Markus Pernhaupt verweist er auf die Dringlichkeit einer Auseinandersetzung mit jener Epoche und ihren Protagonisten: „Um Gegenständen ihren Wert wiederzugeben, braucht es Namen, Daten, Fakten. Das ist eine Knochenarbeit, die jetzt geschehen muss. Als die ersten Bücher über die Jahrhundertwende erschienen sind, war das nicht anders; die ersten haben vor Fehlern gestrotzt.“ Kann aber ein ephemeres Ereignis wie eine Auktion mit kurzer Besichtigungsphase ernstlich als Impuls wirken? Auf jeden Fall, meint Witt-Dörring: „Die Forschung unterliegt ja auch Moden – es wird nämlich erst in Forschung investiert, wenn es einen Markt für den Forschungsgegenstand gibt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2012)

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