Sind nun die Finanzwerte dran?

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Unter US-Präsident Obama erholten sich Autowerte, die Angst vor Hillary Clinton ließ Pharmatitel purzeln. Nun haben die Banken die Nase vorn.

Wien. Als Barack Obama Anfang 2009 als Präsident der USA angelobt wurde, hatte gerade die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht. Zwischen Obamas Wahl und seinem Amtsantritt hatten sich die Finanzwerte um die Hälfte verbilligt, geht aus einem Analysebrief der Schoellerbank hervor. Relativ gut hatten sich nur „defensive“ Branchen wie Versorger, Gesundheit und Basiskonsum gehalten, die „nur“ einstellig schrumpften.

Dann setzte eine Börsenrallye ein, die zum Teil der Erholung nach dem Crash, zum Teil aber auch dem Wirken des Präsidenten geschuldet war. Zwischen dem 20. Jänner 2009 und dem 27. Juli 2016, der Nominierung von Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, vervierfachten sich Aktien aus dem Bereich Nichtbasiskonsumgüter, also vor allem Papiere von Autoherstellern. „Eine der größten Leistungen von Obama war die Rettung der amerikanischen Autoindustrie“, schreibt Schoellerbank-Experte Alexander Adrian. Am zweitbesten (plus 253 Prozent) schlugen sich Aktien aus dem Bereich Informationstechnologie, was Adrian weniger Obama zuschreibt als den Unternehmen selbst. Hatten Ende des Jahrtausends noch Firmen wie Cisco, Intel oder Microsoft das Geschehen bestimmt, so seien es in der Obama-Ära Facebook, Netflix und Co. gewesen, die nun inzwischen eher hoch bewertet seien. Doch auch Gesundheitstitel legten kräftig (um 193 Prozent) zu, sie wurden auch von Obamacare beflügelt.

Finger weg vom Market-Timing

Als Hillary Clinton zur Präsidentschaftskandidatin gekürt wurde, stellten sich Anleger darauf ein, dass sie im Fall ihres Siegs – den man für wahrscheinlich hielt – Infrastruktur und neue Technologien fördern, aber Druck auf die Pharmakonzerne machen würde, die Medikamentenpreise zu senken. In den Monaten bis zur Wahl fanden sich denn auch die Pharmawerte mit einem Minus von neun Prozent unter den schwächsten Branchen.

Die Wahl gewann dann überraschend Donald Trump, und jene, die auf einen Sieg Clintons spekuliert hatten, mussten wieder umschichten. Pharmaaktien legten zunächst zu, da Trump sich als mild in Sachen Medikamentenpreise gezeigt hatte. Inzwischen hat auch er die Pharmahersteller per Twitter angegriffen. Die Aktien der Branche gewannen nach der Wahl mit drei Prozent weniger als andere. Die Nase vorn mit einem Plus von 15 Prozent haben die Finanztitel, weil Trump versprochen hat, die Deregulierung voranzutreiben.

Wer jedoch versucht, seine Aktienwahl auf den jeweils amtierenden oder künftigen US-Präsidenten abzustimmen, muss nicht nur Spesen durch das Umschichten in Kauf nehmen, sondern sich auch über Fehlsignale ärgern. Experten raten daher von teurem Market-Timing, wie man das nennt, ab: „Eine langfristige und breit gestreute Anlagestrategie mit sorgfältig ausgewählten Werten schützt am besten vor unvorhersehbaren politischen Ereignissen.“ (b. l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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