Zertifikate: Frischer Fahrtwind

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Der Kursrückgang bei Aktien europäischer Automobilhersteller sei übertrieben, sagen Experten. Ein Blick könnte sich lohnen.

Wien. So schnell reißen negative Schlagzeilen nicht ab, schon gar nicht, wenn sie einen ganzen Industriezweig betreffen. Noch immer gibt es zahlreiche neue Meldungen zur Abgasaffäre bei den deutschen Automobilherstellern. Da drohte vor Kurzem bereits die nächste Hiobsbotschaft, und das gleich für die gesamte Industrie quer durch Europa. Schließlich hatte US-Präsident Donald Trump im Handelsstreit saftige Zölle auf Automobilimporte aus Europa in die USA angedroht. Das hinterließ auch deutliche Spuren an den Börsen, allem voran in Deutschland.

Gemessen an der Marktkapitalisierung (grob gesagt der aktuelle Aktienkurs mal Anzahl der Aktien) sind nämlich die Automobilhersteller und auch die Zulieferer deutlich stärker auf dem europäischen Aktienmarkt repräsentiert als in den USA. Darauf verweist etwa Christian Hinterwallner, Analyst bei der Raiffeisen Research: „In der Automobilnation Deutschland macht der Anteil dieser Unternehmen sogar 20 Prozent der DAX-Marktkapitalisierung aus“, verweist Hinterwallner auf die besonders hohe Gewichtung.

Sektor niedrig bewertet

Doch vorerst hat es sich Trump offenbar doch noch anders überlegt und von entsprechenden Zöllen abgesehen. Das sorgte Ende Juli zumindest für ein zwischenzeitliches Kursfeuerwerk bei den Automobilaktien in Europa. Während sich die Aktien etwa von Fiat Chrysler aus Italien schon vor dem Disput rund um mögliche Autozölle gut entwickelt hatten, sieht es bei Daimler, BMW, aber auch bei Volkswagen anders aus. Deren Aktienkurse sind noch immer ein gutes Stück von ihren alten Höchstständen entfernt. Zu groß ist die Sorge vieler Anleger rund um mögliche neue Aspekte bei der Abgasaffäre.

Bei Raiffeisen Research findet man jedenfalls, dass sich ein näherer Blick auf Europas Automobilindustrie lohnen könne. Denn gemessen am geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis für die kommenden zwölf Monate wird die Branche mit einem Bewertungsabschlag von 50 Prozent gehandelt, was fast historischen Extremwerten entspreche, zeigt Hinterwallner auf. Das sei übertrieben, der Automobilindustrie traue man auf Jahressicht eine bessere Wertentwicklung als dem Gesamtmarkt zu.

Für interessierte Anleger gibt es die Möglichkeit, mit einem Zertifikat gleich auf einen ganzen Korb an europäischen Automobil- und Zuliefereraktien zu setzen. So bietet beispielsweise die Hypo-Vereinsbank ein Indexzertifikat auf den STOXX Europe 600 Automobiles & Parts (DE000HV16E53) an. Der zugrunde liegende Index umfasst insgesamt 18 Titel, zu denen europäische Autoproduzenten wie Peugeot und Volkswagen zählen, aber auch Zulieferer wie die Reifenhersteller Pirelli aus Italien oder Nokian Tyres aus Finnland. Cie Plastic Omnium mit Sitz in Frankreich stellt wiederum unter anderem Plastikkarosserien für Automobile her.

Geringe Diversifikation

Es gibt aber auch die Möglichkeit, enger gefasst in den Sektor zu investieren. Möglich macht dies etwa ein Zertifikat der Commerzbank auf den FAZ-Auto-und-Zulieferindustrie-Index (DE000CK15ZC1). Der Index beschränkt sich auf neun deutsche Konzerne aus den zwei genannten Bereichen, wobei zum Beispiel die drei großen Autoproduzenten enthalten sind, aber auch Zulieferer wie Continental und Schäffler.

Bei einem Brancheninvestment gibt es freilich nur eine Streuung über Mitwerber innerhalb des Sektors, aber keine breite Diversifikation. Anleger müssen auch stärkere Kursschwankungen verkraften können, wenn der Sektor erneut von negativen Schlagzeilen überschattet werden sollte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2018)

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