Die Tücken der Schwellenländerbonds

A woman checks lipstick applied on her lip, inside of a cosmetics shop in Sao Paulo
A woman checks lipstick applied on her lip, inside of a cosmetics shop in Sao Paulo(c) REUTERS (NACHO DOCE)
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Wer höhere Risken eingeht, wird dafür belohnt. Zumindest langfristig. Mitunter muss man als Investor aber jahrelange Phasen der Schwäche aushalten.

Wien. Zehnjährige österreichische Staatsanleihen versprechen eine Rendite von 0,24 Prozent, bei deutschen Papieren sind es 0,04 Prozent. Da liegt die Überlegung nahe, sich nach Alternativen umzusehen, etwa in den Schwellenländern. Für türkische Anleihen bekommt man fast zehn Prozent pro Jahr, für brasilianische elf. Das Problem: Wer Schwellenländeranleihen kauft, nimmt gleich drei Risken auf sich – das Zinsrisiko, das Währungsrisiko und das Länderrisiko. Ein Zinsrisiko – dass die Zinsen steigen und bereits ausgegebene Wertpapiere weniger wert werden – trägt man bei allen Anleihen.

Bei Anleihen in fremder Währung kommt die Gefahr dazu, dass diese fällt, was Schwellenländerwährungen tendenziell tun. Drittens trägt man das Länderrisiko. Dieses besteht nicht nur darin, dass der Emittent die Anleihen nicht oder nur teilweise zurückzahlt, sondern auch darin, dass eine mögliche Bonitätsherabstufung ebenfalls negative Auswirkungen auf den Anleihekurs hätte.

Man muss nicht zwingend alle Risken eingehen. „Das Länderrisiko kann man hinausbekommen, indem man etwa türkische Aktien von der Europäischen Investmentbank kauft“, sagt Engelbert Dockner, Professor of Finance an der WU Wien und Mitglied des Advisory Board des Spängler IQAM Research Centers. Das Währungsrisiko könne man eliminieren, indem man etwa Anleihen der türkischen Regierung in Euro oder Dollar erwirbt. Solche in Dollar rentieren freilich „nur“ mit 4,6 statt mit fast zehn Prozent.

Riskante Strategien

Manche Anleger fahren eine Carry-Strategie. Sie investieren also in Währungen mit hohen Zinsen und finanzieren diese Investitionen mit Krediten in Währungen mit niedrigen Zinsen. Das funktioniert freilich nur, wenn die Hochzinswährung nicht zu stark abwertet. „Wenn die Währungsabwertung das Zinsdifferenzial auffrisst, hat man keinen Vorteil mehr“, erklärt Dockner. In der Regel werte die Währung nicht so stark ab. Der Grund: Für Risiko werde man – zumindest langfristig – entsprechend entlohnt. Für Carry-Investoren sollte es eine Carry-Prämie geben.

Dass das, was viele Jahre gegolten hat, nicht immer gelten muss, haben die Verluste vieler Franken-Kreditnehmer in den vergangenen Jahren gezeigt. Auch sie hatten auf eine Carry-Strategie gesetzt und gehofft, dass der Franken nicht so stark aufwerten würde, wie der Zinsunterschied ausmachte.

Auch bei Schwellenländeranleihen war die Carry-Prämie in den vergangenen fünf Jahren negativ, stellt Dockner fest. Der russische Rubel oder der brasilianische Real haben stärker verloren, als die höheren Zinsen wettmachen konnten. Heuer sah das anders aus. So war der Rubel am Beginn des Jahres auf ein sehr tiefes Niveau gefallen, während unmittelbar danach eine Erholung einsetzte. Anleger profitierten doppelt: von den höheren Zinsen und der Währungsaufwertung.

„Der Schlüssel ist ein gutes Währungsmanagement“, sagt Dockner. Er macht seit 2000 drei verschiedene Phasen aus: Die Jahre bis 2006 seien der Himmel auf Erden für Investoren in Schwellenländer gewesen. Es herrschte Aufbruchsstimmung, die Währungen stiegen, und die Zinsen wurden gesenkt (was ebenfalls positiv für Anleihen ist). Zwischen den Jahren 2007 und 2011 konnte man noch von den relativ hohen Zinsen profitieren, die Währungen bewegten sich aber bereits leicht nach unten. In den vergangenen fünf Jahren wurde schließlich der Zinsvorteil von den Währungsverlusten aufgefressen.

Investoren tragen noch ein Risiko bei Schwellenländeranleihen: Diese seien längst nicht so liquide wie solche aus der Eurozone. Das bedeutet, dass man nicht jederzeit einen Käufer findet, der einen fairen Preis zahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)


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