Kunst bleibt ein Markt für die Reichen

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Kunstmarkt. Ausgerechnet in diesen unsicheren Zeiten fließt immer mehr Geld in Kunst. Aber der Markt bleibt intransparent und geschlossen. Wer nicht reich ist, hat wenig Möglichkeiten.

Wien/Luxemburg. Sie wollen ein Stück von Apple, Google oder Facebook besitzen? Kein Problem, dafür gibt es den Aktienmarkt. Sie wollen keine einzelnen Aktien kaufen, aber trotzdem von Anstiegen an den Börsen profitieren? Auch kein Problem, dafür gibt es Fonds oder sogar ETF (Exchange Traded Funds) und ähnliche Vehikel, die den Preis eines Assets „tracken“, also verfolgen, ohne das betreffende Asset – gleich ob Aktien oder Edelmetalle – auch wirklich zu kaufen. Sie wollen Staatsanleihen kaufen? Oder Unternehmensanleihen? Alles kein Problem, inzwischen können Sie sogar auf Fußball-Ergebnisse „wetten“, indem Sie Aktien von Klubs kaufen.

Es gibt aber einen Markt, da hört sich der Investmentspaß auf: der Kunstmarkt. Und das, obwohl sich dort mitten in turbulenten Krisenzeiten enorm viel tut. „Der Kunstmarkt hat sich in den vergangenen 15 Jahren stark verändert“, sagt Adriano Picinati di Torcello, Direktor bei Deloitte in Luxemburg und einer der Autoren der neuesten Ausgabe des „Art and Finance Report“, der inzwischen ein Standardwerk geworden ist. „Viel mehr Geld fließt heute in diesen Markt. Und es kommen immer mehr Leute dazu“, so di Torcello: „Es gibt immer mehr Sammler – und die Preise steigen.“

Das sind die guten Nachrichten. Hier ist die schlechte: Für „normale“ Investoren ist der Kunstmarkt bis heute nur sehr schwer zugänglich. Für Reiche mit einem Finanzvermögen ab einer Million Euro ist das anders. 76 Prozent der Sammler und Kunstkäufer achten inzwischen auf den Investment-Charakter ihrer Kunstsammlung – deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Viele Privatbanken und auch sogenannte Family Offices, also Vermögensverwalter, die die Assets einer einzelnen Familie verwalten, beschäftigen inzwischen Kunstexperten oder kaufen externe Expertise zu, um betuchten Kunden Know-how bieten zu können.

Markt für Fonds schrumpft

Aber „normalen“ Investoren bleiben die Türen von solchen Privatbanken verschlossen – und nur extrem wenige Möglichkeiten, um am Kunstmarkt mitzumischen. Es gibt zwar eine Reihe von Kunst-Investmentfonds, aber auch die sind Kleinanlegern oft nicht zugänglich. Das Modell leidet zudem an „Kinderkrankheiten“ – da es keine derartigen Fonds schon seit vielen Jahren gibt, fehlt der „Track Record“ beim „Tracken“ der Kunstpreise. Derartige Fonds investieren das Geld der Kunden breit gefächert in Kunstwerke, um die Kunstmarktpreise nachzuverfolgen. Ein weiteres Problem: 55 von 72 nennenswerter Kunstfonds sind in China – und für europäische Anleger unzugänglich. Auch das Gesamtvolumen des investierten Geldes in diesen Fonds ist zuletzt zurückgegangen – von 2,13 Mrd. Dollar auf 1,3 Mrd. Dollar.

„Es bleibt nur, selbst ein Kunstwerk zu kaufen, oder Aktien aus dem Kunstbereich – wie die des Auktionshauses Sotheby's“, sagt di Torcello. Heißt: In Wahrheit ist Kunst nur für Kunstliebhaber interessant. Für Leute, die wissen, was sie wollen – und auch, was sie in Sachen Preisentwicklung erwarten können.

Für diese Kunstkäufer gibt es auch gute Nachrichten. Der notorisch intransparente und geschlossene Kunstmarkt wird – wie bereits viele andere Bereiche – durch das Internet demokratisiert und geöffnet. So kooperiert Sotheby's inzwischen mit dem Online-Auktionshaus eBay. „Das ist nicht weniger als eine Revolution“, sagt di Torcello. „Auch Christie's hat stark ins Internet investiert.“ Dazu kommen eine Reihe neue Kunstauktionshäuser, die nur online verkaufen. Damit wird eine neue Schicht von Käufern angesprochen – und auch „leistbare“ Stücke sind leichter zu finden.

Die „Due Diligence“ muss der Käufer allerdings immer noch selbst vornehmen. Wo reiche Anleger Experten beschäftigen können, muss der „normale“ Anleger auf eigene Faust recherchieren. Allgemeine Analysen zur Marktentwicklung von Experten sind hier aufgrund der fragmentierten Natur des Kunstmarkts nur bedingt hilfreich.

AUF EINEN BLICK

Kaum eine Woche vergeht ohne Rekordmeldung von einer Kunstauktion. Aber während die Reichen und Superreichen immer mehr Geld in den Kunstmarkt stecken, bleiben „normalen“ Anlegern wenig Möglichkeiten. Entweder kauft man Aktien aus der Branche. Oder man wird selbst zum Sammler günstiger Künstler – wenn man weiß, was man will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2014)


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