Ein Depot, das sich selbst rettet

(c) Bilderbox (Erwin Wodicka - wodicka@aon.at)
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Seit 2008 entwickeln Fondsmanager fieberhaft Strategien, die vor besonders schlimmen Ereignissen schützen sollen. Auch für Privatanleger gibt es Lösungen.

Wien. Auch vier Jahre nach der Katastrophe steckt vielen Investoren der Schock von 2008 noch in den Knochen. Innerhalb weniger Wochen verlor der deutsche DAX damals über 30 Prozent an Wert, auch andere Börsenbarometer brachen dramatisch ein. Auslöser für den Kursrutsch war die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. Investoren fragen sich seitdem, wie sie sich vor unvorhergesehenen Ereignissen schützen können – um zumindest einen Teil ihres Vermögens zu retten.

Schocks wie die Lehman-Pleite werden in der Finanzwelt auch als „Schwarzer Schwan“ bezeichnet. Den Begriff prägte der ehemalige Optionshändler und jetzige Forscher und Buchautor Nassim Taleb. In seinem Bestseller „The Black Swan“ beschrieb er, welche Auswirkungen vermeintliche Zufallsereignisse haben können und wieso sie üblicherweise ignoriert werden. In den Wahrscheinlichkeitsmodellen und Risikosystemen der Banken würden solch unvorhergesehene Schocks konsequent ausgeblendet, befand er.

In Anlehnung an diese Theorie erlebten in den USA „Black Swan Funds“ gehörigen Aufwind. Plötzlich wollten sich alle gegen extreme Negativszenarien absichern. Einer der ersten Anbieter war der Hedgefonds-Manager Mark Spitznagel, der seinen Kunden eine Art Versicherung für ihr Vermögen verspricht. Solange alles gut läuft, verliert sein Fonds jeden Tag Geld. Mit einer Kombination aus Termingeschäften sollen seine Fonds ihren Wert aber explosionsartig steigern, wenn alles andere – von Aktien bis zu Rohstoffen und Währungen – an Wert verliert.

Die schlechte Nachricht für Kleinanleger: Das Minimum-Investment bei Universa, Spitznagels Fondsgesellschaft, beträgt 50 Mio. US-Dollar. Wer mit kleineren Summen hantiert, sollte sich also woanders umschauen. Etwa bei der Kathrein Bank: Sie bietet Investoren mit dem „Arche Noah Fonds“ (ISIN: AT0000A0LQC9) die Möglichkeit, auch bei schlechter Stimmung Gewinne zu erzielen.

Sachwerte und Fremdwährungen

Jedoch schützt dieser Fonds eher vor einer langsamen Verschlechterung der Lage, etwa einer steten Verschiebung der Kräfte weg aus Europa und hin zu den Schwellenländern. Die größte Position im Fonds sind aktuell Staatsanleihen aus Schwellenländern in lokaler Währung. „Das schützt vor einer weiteren Schwächung des Euro“, erklärt Fondsmanager Florian Mayer. Einen Teil des Fondsvermögens habe man auch direkt in norwegische und schwedische Kronen sowie in Schweizer Franken investiert.

Daneben soll der Fonds seine Investoren auch gegen steigende Inflationsraten wappnen. Das passiert mithilfe von Aktien weltweit tätiger Unternehmen, Immobilien und Edelmetallen. „Im Prinzip ist der Fonds für ein Szenario wie jetzt gemacht“, sagt Mayer. Das merke er auch an den Zuflüssen. Zwar sei der Fonds mit zehn Mio. Euro an verwaltetem Vermögen noch recht klein, aber immer, wenn sich der Ausblick wieder einmal eintrübe, steige das Interesse der Anleger.

Eine etwas andere Strategie verfolgt der „Global Multi-Asset Fund“ der Allianz-Tochter Pimco (IE00B4YYY703). Dieser baut auf der Idee auf, dass der klassische Risikoschutz – die Streuung des Vermögens – nicht mehr so funktioniert wie früher. Das liege daran, dass die Korrelation zwischen verschiedenen Anlageklassen – etwa Aktien und Anleihen – in der Vergangenheit zugenommen hat. Gleichzeitig sei das Risiko systemischer Schocks gestiegen.

Von der Nervosität profitieren

Gegen diese „Tail Risks“, also unerwartete Schocks, soll der Fonds mithilfe von Optionen schützen. Welche die richtigen sind, wird mit einer Reihe von Stresstests bestimmt. Gleichzeitig soll der Fonds aber auch in ruhigen Zeiten ein geeignetes Anlageinstrument sein. Weil er sowohl Aktien als auch Anleihen, Rohstoffe und Immobilien beinhaltet, soll er Investoren als zentraler Baustein ihres Portfolios dienen.

Mit einer anderen Idee wartet die Deutsche Bank auf: Sie hat vor einiger Zeit ein Produkt auf den Markt gebracht, das Gewinne abwirft, wenn die Nervosität auf dem Markt steigt. Gemessen wird diese an der „Volatilität“, also an den Kursschwankungen. Das Produkt, das sich „Elvis“ nennt, ist weniger Rundumlösung als Versicherung. [i-Stockphoto]

Was Sie beachten sollten bei... Fonds für die Risikovorsorge

Tipp 1

Kosten. Fonds, die mit Hilfe von Optionen vor extremen Verwerfungen an den Märkten schützen sollen, sind teuer. Das liegt daran, dass die Optionen unter normalen Verhältnissen nichts abwerfen. Der Pimco-Fonds kostet jährlich 2,15 Prozent an Verwaltungsgebühr plus Ausgabeaufschlag. Der Kathrein-Fonds verlangt ebenfalls zwei Prozent im Jahr.

Tipp 2

Szenarien. Anleger sollten sich genau anschauen, gegen welches Szenario sie mit einem Fonds geschützt sind. Der Kathrein-Fonds sieht etwa eine langsame Verschlimmerung der Lage inklusive Rezession und schwächerem Euro vor. Bei extremen Schocks drohen aber auch hier Verluste. Anders beim Pimco-Fonds: Dieser soll mit Hilfe von Optionen vor einem heftigen Kursrutsch schützen.

Tipp 3

Volatilität. Wer sein Geld nicht gleich in einen Fonds stecken will, aber trotzdem nach einer Art Versicherung für sein Vermögen sucht, könnte in einen Volatilitätsindex investieren. Diese steigen, wenn sich die Kurse an der Börse schnell und oft bewegen – wie etwa in Zeiten extremer Schocks. Ein Beispiel für so ein Produkt heißt „Elvis“ und kommt von der Deutschen Bank.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2012)

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